Die indigenen Munduruku vom Oberen, Mittleren und Unteren Tapajós haben ein Grundlagendokument erstellt, in dem sie erklären, wie eine rechtlich korrekte Konsultation der Munduruku im Falle von Großprojekten wie Staudämmen auszusehen habe.
Quelle: Movimento Munduruku Ipereg Ayu, Associações: Da’uk, Pusuru, Wixaximã, Kerepo und Pahyhyp: Protocolo de Consulta Munduruku, Jan. 2016, unter: http://fase.org.br/pt/acervo/biblioteca/protocolo-de-consulta-munduruku/
Im Entstehensprozess des Dokuments, das in den indigenen Dörfern mit allen Munduruku 2015 gemeinsam debattiert und im Konsens verabschiedet wurde, war den Munduruku immer wichtig zu betonen, dass sie für sich selbst selbst reden und dass niemand Einzelnes ohne Weiteres für die Gruppe sprechen darf.
Daher hier die Erklärung der Munduruku zum Protokollverfahren der Konsultutation im Wortlaut:
„Wir, das Volk der Munduruku,
wir wollen hören, was die Regierung uns zu sagen hat. Aber wir wollen keine Ausreden. Damit das Volk der Munduruku entscheiden kann, müssen wir wissen, was tatsächlich geschehen wird. Und die Regierung muss uns anhören. Zuallererst fordern wir die Demarkation des Indigenen Territoriums Sawré Muybu. Auf gar keinen Fall akzeptieren wir eine Umsiedlung. Wir fordern von der Regierung zudem, dass unsere isoliert in unserem Land lebenden Verwandten geschützt werden und dass das Recht auf Konsultation der anderen Völker, wie der Apiaká und der Kayabi, die auch durch diese Projekte bedroht sind, garantiert werde. Außerdem fordern wir, dass den durch die Staudämme im Tapajós betroffenen Gemeinden der Flussanwohner von Montanha-Mangabal, Pimental und São Luiz ihr Recht auf Konsultation angemessen und ihrer besonderen Realität angepasst gewahrt werde. Genauso wie wir haben die Flussanwohner das Recht auf eigene Konsultation.
Wer soll konsultiert werden?
Die Munduruku aller Dörfer – des Oberen, Mittleren und Unteren Tapajós – müssen konsultiert werden, auch diejenigen aus indigenen Gebieten, die noch nicht demarkiert wurden.
Soll die Regierung nicht denken, wir seien gespalten:
„Es gibt nur ein Volk der Munduruku“
Es sollen konsultiert werden:
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die weisen Alten, die pajés, die Geschichtenerzähler, die Kenner traditioneller Medizin, die Kenner der Wurzeln und der Blätter, diejenigen, die die heiligen Orte kennen.
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die Kaziken und Anführer, die Krieger und Kriegerinnen. Die Kaziken sind miteinander vernetzt und teilen die Informationen mit allen Dörfern. Es sind sie, die alle zusammenrufen, damit wir debattieren, was wir machen werden. Die Krieger und Kriegerinnen unterstützen den Kaziken, gehen mit ihm und schützen unser Territorium.
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die Anführer, die Lehrer sind, und die, die für die Gesundheit zuständig sind, die also, die mit der ganzen Gemeinschaft arbeiten.
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die Frauen, damit sie ihre Erfahrungen und Informationen weitergeben. Es gibt Frauen, die sind pajés, Hebammen und Kunsthandwerkerinnen. Sie bearbeiten das Feld, geben Ideen und Rat, bereiten das Essen zu, stellen medizinische Produkte her und verfügen über ein großes und breites traditionelles Wissen.
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die Universitätsstudenten, die Erzieher der Munduruku, die Ibaorebu-Studenten, die Jugendlichen und Kinder müssen auch konsultiert werden, weil sie die zukünftige Generation sind. Viele Jugendliche haben Zugang zu Kommunikationsmedien, lesen Zeitungen, gehen ins Internet, sprechen portugiesisch und kennen unsere Realität und haben aktiven Anteil an dem Kampf unseres Volkes.
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unsere Organisationen (Conselho Indígena Munduruku Pusuru Kat Alto Tapajós – Cimpukat, Da’uk, Ipereg Ayu, Kerepo, Pahyhy, Pusuru und Wixaximã) müssen auch konsultiert werden, aber sie dürfen niemals alleine konsultiert werden. Die Stadtverordneten Munduruku sprechen nicht für unser Volk. Die Entscheidungen des Volks der Munduruku werden kollektiv getroffen.
Wie soll der Prozess der Konsultation ablaufen?
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Die Regierung darf uns nicht erst dann konsultieren, wenn alle Entscheidungen schon getroffen sind. Die Konsultation muss vor allem anderen stattfinden. Alle Treffen müssen in unserem Territorium stattfinden – in dem Dorf, das wir auswählen –, und nicht in der Stadt, nicht einmal in Jacareacanga oder Itaituba.
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Die Treffen dürfen nicht zu Zeiten stattfinden, die die Aktivitäten unserer Gemeinschaft stören (also zum Beispiel nicht während der Feldarbeits-Saison des Feldfurchens oder des Pflanzens; nicht während der Zeit des Kastanien-Sammelns, nicht während der Zeit des Mehls, nicht während unserer Festtage; nicht am Tag des Indigenen). Wenn die Regierung in unser Dorf zur Konsultation kommt, dürfen sie nicht nur kurz einfliegen und am nächsten Tag wieder weggehen. Sie müssen in Ruhe mit uns Zeit verbringen.
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Die Treffen müssen in der Sprache Munduruku abgehalten werden und wir entscheiden, wer übersetzen wird. In diesen Treffen muss unser Wissen genauso anerkannt werden wie dies der pariwat (nicht-indigener). Weil es sind wir, die wir die Flüsse kennen, den Wald, die Fische und das Land. Es sind wir, die wir die Treffen koordinieren, nicht die Regierung.
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An den Treffen sollen die Partner unseres Volkes teilnehmen: Die Bundesstaatsanwaltschaft, die von uns ausgewählten Partnerorganisationen sowie Fachleute unseres Vertrauens, die wir auswählen. Die Unkosten unserer Anwesenheit und die unserer Partner während aller Treffen gehen auf Kosten der Regierung.
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Damit die Konsultation wirklich frei sein wird, werden wir auf den Treffen unter keinen Umständen bewaffnete pariwat (Militärpolizei, Bundespolizei, Bundesstraßenpolizei, Heer, Nationaler Sicherheitskräfte, Brasilianischen Geheimdienst oder jedwede anderen staatlichen oder privaten Sicherheitskräfte) akzeptieren.
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Wenn die Regierung mit Kameras ankommt, darf sie ohne unsere Autorisierung keine Aufnahmen machen. Zu unserer Sicherheit sollen die Treffen gefilmt werden und die Regierung muss uns die vollständigen Kopien der Aufnahmen übergeben.
Die von uns bisher angesprochenen Treffen teilen sich in folgende auf:
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Treffen zum Beschluss über den Plan für die Konsultation: Die Regierung muss sich mit dem Volk der Munduruku treffen, damit wir eine Übereinkunft treffen, welchen Plan wir für die Konsultation festlegen. Dieser Plan für die Konsultation muss dieses Dokument hier in Gänze respektieren, da es erklärt, wie wir uns organisieren und wie wir unsere Entscheidungen treffen.
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Informationstreffen: Die Regierung muss sich mit unserem Volk treffen, in jedem Dorf einzeln, um uns über ihre Vorhaben zu informieren und unsere Zweifel und Nachfragen zu beantworten. Neben uns sollen die Partner unseres Volkes an diesem Treffen jeweils teilnehmen.
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Interne Treffen: Nach diesen Informationstreffen brauchen wir Zeit zum Diskutieren unter uns über die Vorschläge der Regierung. Wir werden Zeit brauchen, um den Vorschlag den Verwandten, die nicht an den Informationstreffen teilnehmen konnten, zu erläutern. Des Weiteren wollen wir uns mit den Flussanwohnern (beispielsweise mit denen von Montanha-Mangabal) treffen und beratschlagen. Wir werden unsere Partner zu unseren internen Treffen hinzuladen. Aber die Regierung darf dabei nicht anwesend sein. Sollten Unklarheiten oder neue Informationen aufkommen, dann muss die Regierung weitere Informationstreffen mit uns und unseren Partnern abhalten. Danach dann würden wir weitere Treffen mit unseren Partner, ohne die Regierung, machen, um die Unklarheiten zu klären und um zu debattieren. Egal wie viele Treffen dafür notwendig wären, damit das Volk der Munduruku sich vollständig informiert
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Verhandlungstreffen: Wenn wir hinreichende Informationen haben und mit unserem ganzen Volk debattiert haben, wenn wir also eine Antwort an die Regierung haben, dann muss die Regierung sich mit uns, in unserem Territorium treffen. An diesem Treffen sollen auch unsere Partner teilnehmen. Die Regierung muss zuhören und auf unseren Vorschlag antworten, selbst wenn unser Vorschlag anders als der von der Regierung sei. Und wir mahnen: Wir akzeptieren nicht, dass die Regierung Rechte so einsetzt, wie die, die uns eigentlich zustehen, aber nie respektiert werden, um uns letztlich reinzulegen.
Wie treffen wir Munduruku unsere Entscheidungen?
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Wenn ein Vorhaben uns alle betrifft, dann ist unsere Entscheidung eine kollektive. Die Regierung darf nicht nur einen Teil des Volks der Munduruku konsultieren (sie darf zum Beispiel nicht nur die Munduruku des Mittleren Tapajós oder nur die des Oberen Tapajós konsultieren).
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Keine Vereinigung der Munduruku entscheidet für das Volk der Munduruku, keine Organisation redet für unser Volk. Die Entscheidungen unseres Volks werden auf der Vollversammlung getroffen, die durch unsere Kaziken einberufen wird. Es sind unsere Kaziken, die gemeinsam und zusammen Zeit und Ort der Generalversammlung festlegen und die Munduruku zur Teilnahme einladen. Auf diesen Versammlungen werden die Entscheidungen im Anschluss an die Debatte getroffen: Wir diskutieren und kommen zu einem Kosens. Wenn es nötig ist, diskutieren wir viel. Wir stimmen nicht ab. Wenn es keinen Konsens gibt, entscheidet die Mehrheit.
Was erwartet das Volk der Munduruku von dieser Konsultation?
„Wir erwarten, dass die Regierung unsere Entscheidung respektiert. Wir haben Veto-Recht.
Sawe!!“
// Übersetzung: Christian Russau