Die brasilianische Verfassung sieht einen solchen Rechtsschutz als eigenständiges Rechtssubjekt für einen Fluss eigentlich nicht vor, aber die die Klage einreichende Organisation Pachamama argumentiert, dass Brasilien mehrere internationale Übereinkommen unterzeichnet und ratifiziert habe, aus denen sich ein solcher Rechtsschutz ableiten liesse.
Von Christian Russau
Nach den Flüssen Whanganui in Neuseeland, dem Ganges im indischen Bundesstaat Uttarakhandde und den Flüssen Ecuadors, denen die Verfassung seit einigen Jahren gurndlegende Rechte als eigenständiges Rechtssubjekt zuspricht, soll nun auch dem Rio Doce in Brasilien dieses Recht zuteil werden. Dies zumindest versucht die in mehreren lateinamerikanischen Ländern aktive Stiftung Pachamama erreichen. Diese hat anlässlich des zweiten Jahrestages des Dammbruchs des Rückhaltebeckens des Bergwerks der Firma Samarco bei Mariana Klage im Namen des Flusses Rio Doce eingereicht und fordert dessen Anerkennung als eigenständiges Rechtssubjekt. Die Klage richtet sich gegen die brasilianische Bundesregierung sowie gegen den Bundesstaat Minas Gerais. “Zum ersten Mal in der Geschichte Brasiliens erhebt ein Fluss selbst Klage. Der Rio Doce, der das größte Umweltdesaster in der Geschichte Brasiliens erlebte, verlangt rechtlichen Schutz gegen künftige Desaster”, erklärte der die Klage einreichende Rechtsanwalt, Lafayette Garcia Novaes Sobrinho.
Garcia Novaes Sobrinho begründete die Einreichung der Klage damit, dass die brasilianische Verfassung einen solchen Rechtsschutz als eigenständiges Rechtssubjekt für einen Fluss eigentlich nicht vorsieht, aber der Anwalt argumentiert, dass Brasilien mehrere internationale Übereinkommen unterzeichnet und ratifiziert habe, aus denen sich ein solcher Rechtsschutz ableiten liesse. Die Direktorin der Stiftung Pachamama, Graziella Beck, erklärte, wenn der Rio Doce in Zukunft als eigenständiges Rechtssubjekt gelte, dann würde dies den Fluss in Zukunft in seiner Natürlichkeit bewahren und ihn vor weiteren solcher Unfälle schützen, denn dann müsste der Staat viel strenger das Vorsorgeprinzip walten lassen.
Am 5. November 2015 brach der Damm des Rückhaltebeckens Fundão nahe der Kleinstadt Mariana im Bundesstaat Minas Gerais in Brasilien. Millionen Kubikmeter an Bergwerksschlamm aus der Eisenerz-Mine der Firma Samarco brach und ein Tsunami aus Schlamm zerstörte mehrere Dörfer, 349 Häuser, Schulen und Kirchen… Die Flüsse Rios Gualaxo do Norte, Rio do Carmo und Rio Doce wurden verseucht. Insgesamt starben 19 Menschen. Samarco ist eine Aktiengesellschaft, die zu gleichen Teilen im Besitz der australisch-britischen BHP Billiton Brasil Ltda. und der brasilianischen Vale S.A. steht.
Laut Erhebung der US-amerikanischen Beraterfirma Bowker Associates stellt die Katastrophe von Mariana einen Dreifach-Negativ-Rekord in der Geschichte des Bergbaus dar: 1.) Die Menge an ausgetretenem Schlamm: 32 bis 62 Millionen Kubikmeter, 2.) Die Größe des betroffenen Gebiets: 680 Kilometern Flusslauf, 3.) Die Schadenshöhe: 5 bis 55 Milliarden USD.
Bis heute warten die meisten der Betroffenen auf Wiederaufbau ihrer Häuser und Dörfer und auch Entschädigung.
Eine umfassende Multimedia-Reportage zum Desaster am Rio Doce finden Sie hier: Schlamm der Zerstörung und des Unrechts. Im November 2015 brach nahe Mariana in Brasilien ein Rückhaltedamm des Bergbau-Unternehmens Samarco. Seither kämpft eine ganze Region mit den massiven sozialen und ökologischen Folgen dieser Katastrophe