Erst im September war unter Anwesenheit des Präsidenten von Kambodscha, Hun Sen, der künftig größte Staudamm des Landes, der „Lower Sesan 2“-Damm, eröffnet worden. Kritik wurde weggewischt, 5.000 Menschen der indigenen Bunong, Lao und Khmer wurden zwangsumgesiedelt. 63 Familien weigerten sich, so weit weg von ihrem angestammten Land neu siedeln zu müssen, und zogen nur einen Kilometer ihrer alten Häuser in ein Waldgebiet. Sie wollten währenddessen weiter vor Gericht gegen ihre Räumung ankämpfe, hofften auf eine Wende in letzter Minute, hofften zumindest, dass die Entschädigungszahlungen für die Zwangsumsiedlung höher ausfallen würden, um so wenigstens einen Teil der Verluste der Familien auszugleichen.
Die Regierung und Baubetreiberfirmen interessierte das alles herzlich wenig. Nun berichten die Nichtregierungsorganisation International Rivers sowie der britische Independent, dass das alte Dorf Srekor sechs bis sieben Meter unter Wasser liegt. Häuser, Höfe, Sakralbauten, Friedhöfe, Gärten und Felder, alles unter Wasser.
All das passiert am linksseitigen Mekong-Zufluss des Sesan, dort, wo der Srepok-Fluss mit dem Sesan zusammenfließt, dort steht nun der „Lower Sesan II“-Damm, Kambodschas künftig größtes Wasserkraftwerk. Investoren aus Kambodscha, China und Vietnam bauen dort diesen Staudamm mit 75 Meter Höhe, der Kambodscha künftig mit 400 MW-Kapazität mit Strom versorgen soll – und dessen Strom auch in großem Stil ins benachbarte Ausland exportiert werden soll. 816 Millionen US-Dollar soll das kosten, die zum Großteil aus China als Kredite investiert werden.
Kambodscha gewinnt derzeit 61 Prozent seiner Elektrizität aus sechs in Betrieb befindlichen Dämmen, die restlichen 39 Prozent kommen aus Biomasse- und Kohlebetriebenen Kraftwerken sowie durch Strom, der aus dem Nachbarland Vietnam importiert wird. Das Dammprojekt Lower Sesan II wurde 2012 von der Regierung Kambodschas bewilligt, obwohl die Umweltfolgenstudie den „Best Practice“-Test nicht bestand. Ende 2016 war das „Lower Sesan II“-Dammprojekt laut Betrieberangaben zu 80 Prozent fertiggestellt, die erste Turbine wurde im Oktober 2015 in Betrieb genommen werden, im September 2017 reiste Kambodschas Präsident Hun Sen zur feierlichen Einweihung an, und bis Ende 2018 sollen alle geplanten acht Turbinen laufen.
Der Mekong-Fluss durchquert und schneidet die Länder China, Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam und ist mit über 4.000 Kilometer Länge einer der weltweit längsten Flüsse, an dem Millionen von Menschen leben, deren Nahrungsmittelsouveränität zu einem Großteil von Fisch abhängt. Gleichzeitig gilt das Mekong-Becken aktuell als einer der weltweit größten Hot Spots des Staudammbusinesses.