Der seit Jahrzehnten geplante Staudamm Rogun, der die Fluten des Flusses Wachsch im Pamir-Gebirge, etwa 100 Kilometer nordöstlich der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe, stauen soll, nimmt erste Konturen an – damit steigen auch die Risiken.
Am Freitag, dem 16. November 2018, hat Tadschikistans Präsident Emomalij Rahmon an der Talsperre Rogun die erste von sechs Turbinen des ersten Wasserkraftwerksblocks in Betrieb genommen. Insgesamt soll der Staudamm Rogun, wenn alle Turbinen in Betrieb sind, 3.600 MW Leistung liefern. Das ersten Berechnungen zufolge bis zu 3,9 Milliarden US-Dollar teure Stauwerk soll mit einer Endhöhe der Staumauer von 335 Meter der höchste Staudamm der Welt werden. Rogung wäre damit um 35 Meter höher als die bisher höchsten Staudämme der Welt, der Nurek-Staudamm, der ebenfalls in Tadschikistan liegt und 1980 fertiggestellt wurde, und Jinping I in China. Mit dem Bau beauftragt ist die italienische Baufirma Salini Impregilo.
Rogun soll Strom liefern für für neun Millionen Einwohner*innen Tadschikistans, überschüssiger Strom soll aber auch nach Usbekistan, Afghanistan und Pakistan geliefert werden.
Doch es gibt Risiken: Zum einen wird Rogun in einer seismisch stark aktiven Zone gebaut. Dagegen planen die Ingenieur*innen den Bau eines soliden Fundaments, das bei Rogun auf dem Konzept eines Steinschüttdamms beruht. Ungeklärt ist hingegen der seit Jahren schwelende wissenschaftliche Streit um die Frage, ob der Bau von Staudämmen, deren Staureservoirs gewaltige Mengen an Wasser stauen und daher ein beträchtliches Gewicht zusammen aufbringen, seinerseits die Erdbebengefährdung einer Region erhöht (siehe GegenStrömungs-Berichte hier und hier. So erklärte Filippo Menga, Universitäts-Dozent an der University of Reading in Großbritannien, Rogung lege „in einer seismisch hochaktiven Zone, und mehrere seismische Gutachten haben explizit vor den Gefahren gewarnt, einen solch großen Damm an solch einer Stelle zu errichten“.
Zum anderen gibt es massive soziale Probleme mit dem Damm. Die internationale Menscenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte bereits 2014 darauf hingewiesen, dass für den Bau von Rogun, bei dessen Fertigstellung und vollständiger Flutung des 11,6 Kubikkilometer Fassungsvermögenumfassenden Staureservoirs bis zu 7.000 Familien (etwa 42.000 Menschen) zwangsumgesiedelt werden müssten.
Drittens befürchtet Usbekistan seit den ersten Plänen für den Bau Roguns – die ältesten Pläne für Rogun stammen noch aus der Zeit der Sowjetunion -, dass durch die bis zu fünf Jahre dauernde Flutung des Staureservoirs das Wasser im flussabwärts liegenden Flussbecken des Gharm-Flusses knapp und somit die usbekischen Baumwollplantagen und die Wasserversorgung der dort im Einzugsgebiet lebenden Memschen gefährdet sein könnte. Ein in Zeiten des Klimawandels vorprogrammierter Wasserkonflikt mit grenzüberschreitenden Dimensionen.