Es gab mal wieder Streit um täglich essbare Menge kontaminierten Fischs aus dem durch Samarco biologisch zerstörten Fluss Rio Doce.
Seit dem Dammbruch von Mariana am 5. November 2015 ist am Fluss Rio Doce nichts mehr, wie es einmal war. Damals brachen sich Millionen Kubikmeter an Bergwerksschlamm aus der Eisenerz-Mine der Firma Samarco ihren Weg und ein Tsunami aus Schlamm zerstörte mehrere Dörfer, 349 Häuser, Schulen und Kirchen. Insgesamt starben 19 Menschen. Samarco ist eine Aktiengesellschaft, die zu gleichen Teilen im Besitz der australisch-britischen BHP Billiton Brasil Ltda. und der brasilianischen Vale S.A. steht.
Die Flüsse Rio Gualaxo do Norte, Rio do Carmo und Rio Doce wurden durch die Schlammreste stark verseucht, mit Schwermetallen wie Chrom, Blei, Kadmium und anderen Giftstoffen. Seither leben die Millionen Flussanwohner*innen entlang der 680 Kilometer Flusslauf im Angst, das aus dem Fluss aufbereitete Wasser als Trinkwasser zu genießen, aber auch Fisch aus dem Fluss zu essen. Zu groß ist die Angst vor den Schwermetallen und anderen Giften im Wasser. Tausende Kleinfischer*innen haben durch den Dammbruch und dessen Folgen für den Fluss ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage verloren.
Nun aber gab es wieder einmal heftigen Streit um die Frage, ob der Fisch aus dem Fluss Rio Doce nun eßbar ist oder nicht. Und wieder einmal spielte die von Vale und BHP Billiton zur Behebung der langfristigen Schäden eingesetzte Stiftung Renova eine wenig ruhmvolle Rolle dabei, auch die nationale Behörde zur Überwachung von Gesundheitsbelangen Anvisa mischte mit und musste hinterher eine offizielle Klarstellung, die das eigene Vorgehen scharf kritisierte, mittragen. Was war geschehen?
Die Anvisa hatte eine Note herausgegeben, in der sie sich mit der Frage der Kontamination des Fischbestandes des Rio Doce auseinandersetzte. Darin geht die Bundesbehörde den in den Fischen und Krustentieren durchschnittlich gefundenen Werten bei Chrom, Nickel, Mangan, Eisen, Kupfer, Zink, Aluminium, Arsen, Kadmium, Blei, Quecksilber und Silber nach, wobei bei Quecksilber und Blei die höchsten Risikowerte für potentiell bleibende Schäden angesichts der angesammelten Mengen in Fischen und Krustentieren festgestellt wurden. Zum Schluss ließen sich die Anvisa-Mitarbeiter*innen dazu hinreißen, folgende Empfehlung auszusprechen: „Um die gesundheitlichen Auswirkungen von Quecksilber und Bleieinnahme zu minimieren, können zusätzliche Risikomanagementmaßnahmen ergriffen werden, wie beispielsweise Empfehlungen für den täglichen Fischkonsum von weniger als 200 g für Erwachsene und 50 g für Kinder.“
Die Stiftung Renova griff diesen Part eilig auf und veröffentlichte gleichsam triumphierend, die Behörde Anvisa habe Fisch- und Krustentierkonsum aus dem Rio Doce wieder als sicher eingestuft. Daraufhin erhob die Staatsanwaltschaft energischen Einspruch und warnte die Bevölkerung explizit vor Fischkonsum aus dem Rio Doce. Der öffentliche Streit kochte hoch und die Behörde Anvisa wurde öffentlich zurechtgewiesen, dass die technische Note nicht zur Bekanntmachung einer Handlungsempfehlung an die Bevölkerung befugt war, sondern dass die Erstellung dieser technischen Note nur dazu diente, den zuständigen Gremien, die sich letztlich mit diesen Fragen beschäftigen werden, eine entsprechende Datenbasis zur Verfügung zu stellen. Anvisa wurde auf einer gemeinsamen öffentlichen Sitzung von Staatsanwaltschaft und mehreren Bundes- und Landesbhörden öffentlich kritisiert und Renova scharf gerügt für ihre vorschnelle Publikmachung, Fisch- und Krustentiere aus dem Rio Doce seien wieder geniessbar. Das sind sie nämlich nicht.