Belo Monte Staudamm gräbt den Bewohner:innen der Volta Grande das Wasser ab, Bewohner:innen setzen sich mit Sperrung der Bundesstraße Transamazônica zur Wehr.
Gestern Früh, am Montag, den 9. November gegen 9 Uhr Ortszeit, haben etwa 150 Fischer:innen, Flussuferbewohner:innen, Kleinbäuerinnen und -bauern und Indigene Curuaya und Xipaya aus den Gemeinden Altamira, Senator José Porfírio, Brasil Novo, Anapu und Vitória do Xingu die Bundesstraße der Transamazônica bei Altamira in Höhe Kilometer 27 besetzt, um gegen Norte Energia, die Staudammbetreiberin von Belo Monte in Pará, zu protestieren. Dies berichtet die Widerstandsorganisation Xingu Vivo para Sempre auf ihrer Webseite. Den Protestierenden zufolge hält sich Norte Energia nicht an die gesetzlich festgelegten Vorgaben zur Freigabe von genügend Wasser zwischen November 2020 und März 2021, um das Laichen der Fische der Region („Piracema“) im Jahr 2021 in der Volta Grande do Xingu zu ermöglichen. Noch am gleichen Morgen, so berichtet es Xingu Vivo para Sempre, kam die für Bundesstraßen zuständige Bundes-Autobahnpolizei, um die Demonstration in Augenschein zu nehmen, aber vorläufig wurden seitens der Behörden keine Versuche unternommen, die Demonstrierenden von dort zu räumen.
Es geht vor allem um die Große Flussschleife des Xingu-Flusses, die Volta Grande do Xingu, ein Abschnitt von etwa 100 Kilometern Läge, der durch den Bau des flussaufwärts gelegenen Reservoirs für den Staudamm Belo Monte vom Großteil des Wasserdurchflusses des Xingus abgeschnitten wurde. Seit der Inbetriebnahme von Belo Monte hat sich die Lage an der Volta Grande drastisch verändert, da das Wasser zu den Turbinen von Belo Monte umgeleitet wird. Den Demonstrant:innen zufolge hat der niedrige Wasserstand der Volta Grande in den letzten zwei Jahren die Piracema verhindert, was zu einer rasch sichtbaren Dezimierung der im Fluss vorkommenden Fische, darunter auch endemische Fische, und in der Folge dessen zu einer Krise der Ernährungssicherheit und des Einkommens derer, die vom Fischfang leben, geführt habe. Zudem führe der sehr niedrige Wasserstand des Xingu in der Volta Grande dazu, dass es den lokalen Anwohner:innen immer schwerer wird, den Fluss mit ihren kleinen Booten zu befahren, bei Niedrigstand sind sie immer öfter gezwungen, ihre Ladung und Boote über trockenen Fels zu tragen. Die Demonstrant:innen weisen laut dem Bericht bei Xingu Vivo zudem darauf hin, dass die Situation seit Beginn der Covid-19-Pandemie im März dieses Jahres mittlerweile katastrophale Ausmaße angenommen habe.
Jetzt im Jahr 2020 erlebt die Region des Mittleren Xingu eine der schwersten Dürreperioden der letzten 50 Jahre, so Xingu Vivo. Viele Nebenflüsse des Xingu seien ausgetrocknet, was ein Fischsterben zur Folge habe und zu einem beschleunigten Verlust der Felder der Volta Grande-Bauern geführt habe, da diese ihre oft biologischen Kakaoplantagen nicht mehr hinreichend bewässern können. Laut den Protestierenden hat der durch Belo Monte verschärfte Wasserstress in der Region des Mittleren Xingu die Nahrungsmittelproduktion und die wirtschaftliche Tätigkeit der Bauernfamilien ebenfalls beeinträchtigt.
Nach Angaben der Demonstrant:innen fordern sie die Umweltbehörde Ibama auf, die Betriebsgenehmigung für Belo Monte auszusetzen, solange bis Norte Energia einen Mindestfluss von 16.000 m3/s in der Volta Grande do Xingu für März und April garantiert, damit die Reproduktion von Fauna und Flora während der Piracema-Periode gewährleistet werden könne.
// christian russau