Nur wenige Wochen, nachdem der Oberste Gerichtshof von Santa Catarina (TJSC) die vom Bundesstaat Santa Catarina erlassene Ausnahmeregelung für sogenannte „kleine“ Wasserkraftwerke im Bundesstaat für verfassungswidrig erklärt hatte (GegenStrömung berichtete), fällt Brasiliens Oberster Gerichtshof STF in Bezug auf die Gesetzeslage im Bundesstaat Mato Grosso ein ähnliches Urteil.
Die Oberste Richterin Rosa Weber erläuterte bei der Urteilsfindung, dass der Bund im Bereich der Umweltgenehmigungen für die Festlegung allgemeiner Regeln zuständig sei und dass auf der Grundlage dieser Zuständigkeit das Bundesgesetz 6.938/1981 erlassen wurde, das die Zuständigkeit für diesen Bereich dem Nationalen Umweltrat (Conama) zuweist. Dieses Gremium, die CONAMA, habe aber bereits im jahre 1986 eine Entscheidung getroffen, und zwar den Beschluss 1/1986, der das Verfahren für Wasserkraftprojekte über 10 MW bundesweit gültig vorschreibe. Für die berichterstattende Richterin Rosa Weber beschränkte sich das Gesetz von Mato Grosso, das eine Umweltgenehmigung nur für Wasserkraftwerke mit einer Leistung von mehr als 30 MW vorschreibt, nicht auf die Ausarbeitung ergänzender Vorschriften, sondern schuf andere Regeln als die einschlägigen Bundesgesetze. Dies war grundsätzlich die gleiche Argumentation, die der Oberste Gerichtshof von Santa Catarina unlängst im vergleichbaren Falle getroffen hatte, nämlich, dass Landesrecht allenfalls ergänzend, aber nicht im Widerspruch zum Bundesrecht definiert und ausgelegt werden könne. Die Richterin wies auch darauf hin, dass mit dem Gesetz ein neues Kriterium für die Genehmigungsanforderungen eingeführt wurde, nämlich die Ausdehnung des überschwemmten Gebiets, die in der Bundesvorschrift nicht vorgesehen ist. Außerdem verstoße die Landes-Regelung durch den Ausschluss des Verfahrens für potenziell umweltschädliche Projekte gegen Artikel 225 der Verfassung der Republik, der das Recht auf eine ökologisch ausgewogene Umwelt garantiere. Wirtschaftliche Aktivitäten wie die Nutzung von Wasserkraftressourcen werden nur dann als rechtmäßig und verfassungskonform angesehen, wenn sie den Regeln des Umweltschutzes untergeordnet werden“, schloss die Richterin in ihrem mehrheitlich von ihrem Amtskolleg:innen mitgetragenen und daher rechtsgültigen Urteilsspruch.