Der Tailing-Damm B1 der Firma Mineração Morro do Ipê S.A. im Munizip Brumadinho gilt neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge als stärker bruchgefährdet als bisher angenommen. Vor vier Jahren war im gleichen Munizip der gleichnamige Damm bei Brumadinho gebrochen, 270 Tote und verwüstete Landschaften waren die Folge. Indessen warten die Opfer des Brumadinho-Bruchs von 2019 noch immer auf Entschädigung und Gerechtigkeit.
Von Christian Russau
Der Tailing-Damm B1 der Firma Mineração Morro do Ipê S.A. im Munizip Brumadinho – in der Nähe des am 25. Januar 2019 gebrochenen gleichnamigen Dammes bei Brumadinho der Fimra Vale, durch dessen Bruch 270 Menschen ums Leben kamen – ist neuesten Erkenntnissen stärker bruchgefährdet als bisher angenommen, sodass die Warnstufe erhöht werden musste.
Die Staatsanwaltschaft von Minas Gerais kündigte eine sofortige Untersuchung der Umstände an. Die Firma Mineração Morro do Ipê S.A. hatte sich im vergangenen Jahr dazu verpflichtet, alle Tailings, die nach dem extrem bruchgefährdeten „Upstream“-Verfahren gebaut worden waren, schnellstmöglich zurückzubauen. Dies ist bislang aber noch nicht in Angriff genommen worden, und nun zeigen neueste wissenschaftliche Daten, dass der Damm B1 bruchgefährdetere ist, als zuvor bereits befürchtet.
Angesichts der enormen Zerstörungen und Verwüstung ganzer Landstriche nach dem Bruch von Brumadinho wurde auch der sonst oft unverhältnismässig langsam reagierenden Politik klar, dass etwas getan werden musste. So erklärten damals selbst industrie-nahe, erzneoliberale Politiker*innen öffentlich, dass nach den zwei Brüchen von Mariana und Brumadinho die bruchanfälligsten unter den Dammkonstruktionen für Tailings (also Rückhaltebecken für meist verflüssigte Bergbauabfälle) die sogenannten „Upstream“-Dämme künftig nicht mehr zugelassen werden und, mehr noch, die bestehenden bis zum Jahr 2021 zu deaktivieren und zurückzubauen seien. Diese Entscheidung, die unter medialem Druck, aber gleichwohl geschickt öffentlichkeitswirksam von der damaligen erzneoliberalen Bolsonaro-Regierung in Form ihres damaligen Umweltministers Salles kurz nach dem Brumadinho-Bruch verkündet worden war, wurde bereits wenige Monate später, im August 2019, wieder gekippt. Die Regierung lockerte die Rückbauverpflichtung für Rückhaltebeckendämme bei noch aktiven Minen auf August 2023. Bereits damals schon war offensichtlich: Ist die mediale Aufmerksamkeit gesunken, einige Zeit verstrichen, dann obsiegt wieder das industriefreundliche Interesse über den Schutz von Natur und Mensch.
Indessen beklagen die Opfer des Dammbruches von Brumadinho, noch immer nicht ausreichend entschädigt worden zu sein, dass immer noch massive Umweltfolgen bestehen und dass noch immer keiner der Verantwortlichen juristisch zur Verantwortung gezogen wurde.
Auch in Deutschland gehen die Zivilklagen gegen die deutsche Firma TÜV Süd in München wegen Entschädigung gehen langsam voran, insgesamt zwei Zivilklagen auf Entschädigung der Opfer und Angehörigen laufen hier bereits gegen TÜV Süd, die Erkenntnissen der brasilianischen Staatsanwaltschaft zufolge wegen zwei mal wider besseren Wissens die Sicherheit des Dammes B1 bei Brumadinho attestierte, wenige Monate bervor der Damm brach. Bei der vom ECCHR und Misereor im Namen von betroffenen Familienmitgliedern eingereichten Strafklage gegen TÜV Süd warten die Betroffenen noch auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft München, ob diese das Verfahren zulässt.
Und Deutschland importiert weiter eifrig rund die Hälfte seines Eisenerzes aus Brasilien, um die hiesige Industrie mit den dringend notwendigen Rohstoffen zu versorgen. Das ab dem 1. Januar geltende deutsche Lieferkettengesetz hat hier eine seiner ersten Bewährungsproben, um zu belegen, dass es das Papier auf dem es steht, auch wert ist.