Staudammbau hätte vor allem für die indigenen Gemeinschaften und die Flussanrainer in der Region Folgen, was in den Umweltfolgenstudien nicht angemessen berücksichtigt wurde, so die Kritik der Wissenschaftler:innen der Forschungsgruppe für Geographie und Raumplanung der Bundesuniversität Rondônia (Unir).
Von Christian Russau
Seit Jahren gibt es Streit um den Staudamm Tabajara (GegenStrömung berichtete). Gegen den am Machado-Fluss – einem Nebenfluss des Madeira, an der Grenze zwischen den Bundesstaaten Rondônia und Amazonas – geplanten Bau des Staudamms Tabajara haben bereits die betroffenen Indigenen (GegenStrömung berichtete), über 40 NGOs (GegenStrömung berichtete) und die Bundesstaatsanwaltschaft protestiert (GegenStrömung berichtete) als auch die Bundesjustiz Einspruch erhoben, in dem sie die Neuerstellung der vorherigen Umweltfolgenstudien verhängte (GegenStrömung berichtete).
Nun hat sich die Forschungsgruppe für Geographie und Raumplanung der Bundesuniversität Rondônia (Unir) zu Wort gemeldet, wie G1 berichtet. Die Mitglieder der Gruppe sind der Meinung, dass die Mängel in der Umweltstudie, die für den Bau des Kraftwerks vorgelegt wurde, vor allem für die indigenen Gemeinschaften und die Flussanrainer in der Region Folgen haben könnten. Der Staudamm soll am Fluss Machado in der Region Machadinho D’Oeste (Bundesstaat Rondônia) gebaut werden. Für die Unir-Forscher ist es notwendig, eben diese Flussanrainergemeinden in die Studien über die Auswirkungen des Vorhabens einzubeziehen.
Die Flussanrainergemeinschaften befänden sich – anders als von der Umweltverträglichkeitsstudie behauptet – sehr wohl noch im Einzugsgebiet des Machado-Fluss. Deshalb muss sie in die Umweltverträglichkeitsstudien einbezogen werden. Zwar sei es nicht so, dass jede Anrainergemeinschaft direkt am Fluss lebe aber nichtsdestoweniger seien diese Gemeinschaften abhängig in Bezug auf die Lebensweise, den Fischfang, den Anbau im Überschwemmungsgebiet. „Es gibt eine ganze Logik, die mit den Flüssen zusammenhängt“, erläutert Maria Madalena De Aguiar Cavalcante, Doktorin der Geographie, gegenüber G1.
Das Kraftwerksprojekt Tabajara wurde 2013 in das Genehmigungsverfahren aufgenommen und stößt seither auf den Widerstand sozialer Organisationen. Im Jahr 2012 lehnte die brasilianische Umweltbehörde IBAMA die eingereichten Studien ab und verweigerte die Genehmigung. Am Ende desselben Jahres wurden jedoch neue Studien vorgelegt und diese wurden dann akzeptiert. Auch die Bundesstaatsanwaltschaft verfolgt den Fall und hat bereits vor Gericht erfolgreich geklagt (GegenStrömung berichtete), damit die Studien zu den Auswirkungen des Baus auf die angrenzenden Gemeinden und indigenen Gebiete ausgeweitet werden.
„Das indigene Land Tenharim Marmelo, das in der aktuellen Studie zur indigenen Komponente enthalten ist, und andere Ländereien laufen enorme Gefahr, betroffen zu sein, und in der Tat wurden sie nicht untersucht, sie haben nicht an einer öffentlichen Anhörung teilgenommen, sie wurden praktisch unsichtbar gemacht, und dieser Prozess der Unsichtbarmachung ist sehr häufig zu beobachten. Wie wollen Sie eine Studie über die indigene Komponente erstellen, ohne die Auswirkungen dieses Vorhabens untersucht zu haben?“, fragte damals die Bundesstaatsanwältin Gisele Bleggi.
In der Stadt Machadinho wurden nur zwei öffentliche Anhörungen abgehalten, um über die Errichtung des Kraftwerks zu diskutieren. Nach Angaben des MPF wurden die meisten der traditionellen Völker und Gemeinschaften, die von dem Bau betroffen wären, bisher nicht in die Diskussion einbezogen.