Die Betriebsgenehmigung für das Wasserkraftwerk Belo Monte in Pará ist seit November 2021 abgelaufen, seither liegt der Antrag auf Erneuerung bei der brasilianischen Bundesumweltbehörde Ibama. Noch ist der Streit zwischen Wirtschafts- und Politikinteressen sowie den berechtigten Anliegen von Umweltschützer:innen, Nichtregierungsorganisationen, indigenen Gemeinschaften und Flussanwohnenden nicht entschieden. Wissenschaftler:innen erheben indes klare Forderungen an Europa – vor allem wegen Europas Plänen zum Import „grünen“ Wasserstoffs.
Die Betriebsgenehmigung für Belo Monte, das Wasserkraftwerk am Xingu-Fluss in Amazonien, lief im November 2021 aus, die zwei Wasserkraftwerke produzieren aber weiter Energie. Das Kraftwerk kann weiter betrieben werden, da der Konzessionär des Kraftwerks, die Firma Norte Energia, die Verlängerung der Genehmigung mindestens 120 Tage vor Ablauf der Frist beantragt hatte. Nach dem Ergänzungsgesetz 140/2011 bleibt die derzeitige Genehmigung gültig, bis die Ibama eine endgültige Entscheidung trifft, die berichtete bereits im vergangenen Jahr die brasilianische Zeitschrift Veja. Dieser Zustand hält seit fast drei Jahren nun so an.
Norte Energia erklärt dazu auf ihrer Internetseite:
„Die vorläufige Genehmigung für das Projekt (LP 342/2010), die die Einhaltung der ursprünglichen Bedingungen voraussetzte, wurde von der Ibama im Jahr 2010 nach öffentlichen Anhörungen erteilt.
Seitdem hat Norte Energia in regelmäßigen Abständen die Sozial- und Umweltberichte für die in Bezug auf die Umweltgenehmigung der Anlage zuständigen öffentlichen Stellen erstellt. Diese Dokumente dienen dazu, die Behörden über den Fortschritt der im Verfahren vorgesehenen Maßnahmen zu informieren.
Die Einhaltung dieser Anforderungen garantierte dem WKW Belo Monte seine 2011 erteilte Installationsgenehmigung (LI Nr. 795/2011).
Mit dem Ziel, die zu erwartenden Auswirkungen abzumildern und/oder zu kompensieren, hat Norte Energia ein grundlegendes Umweltprojekt (PBA) ausgearbeitet, das Bedingungen für die lokalen Gemeinschaften enthält, sowie einen spezifischen Plan für die indigene Komponente (PBA-CI), der 2012 von der Indigenenbehörde FUNAI genehmigt wurde und sich an die indigenen Völker in der Umgebung der Anlage richtet.
Nachdem das Kraftwerk Belo Monte seine rechtlichen Verpflichtungen erfüllt hatte, erhielt es im November 2015 seine Betriebsgenehmigung (LO Nr. 1317/2015), die es ihm ermöglichte, die kommerzielle Stromerzeugung aufzunehmen.
Mit jeder sozio-ökologischen Maßnahme bekräftigt Norte Energia sein Engagement für die Achtung des Territoriums und der Kultur der lokalen Gemeinschaften und indigenen Völker.“
An dem von Norte Energia propagierten „Engagement für die Achtung des Territoriums und der Kultur der lokalen Gemeinschaften und indigenen Völker“ gibt es aber seit Jahren schwere Zweifel. Kritiker:innen wie die Menschenrechts-Aktivist:innen des Netzwerks Xingu Vivo para Sempre hatten im Jahr 2022 eine Bilanz von 10 Jahren Belo Monte und dessen Auswirkungen vorgestellt, die GegenStrömung damals dokumentiert hatte.
Selbst in einem Ibama-Bericht vom Juni 2022 heißt es, dass Norte Energia nur dreizehn der 47 sozio-ökologischen Bedingungen, die bei der Erteilung der Genehmigung gestellt wurden, vollständig erfüllt habe, berichtete Veja im Jahr 2023.
Nun haben sich renommierte Wissenschaftler:innen zu Worte gemeldet, die in einer umfassenden, auch auf Englisch vorliegenden Studie Belo Monte bezeichnen als „The disaster taking place at Belo Monte in one of the world’s most socially and biologically diverse places“ – und darin erheben sie auch Forderungen an Europa:
„The Brazilian government has extensive plans for future Amazonian hydroelectric dams (Brazil, EPE, 2020; Fearnside, 2020), and these plans remain in place (Fearnside, 2023b, Fearnside, 2024). Brazil also plans to become a major exporter of green hydrogen by tapping the huge potential for wind power on the country’s coast (Bethônico, 2023), but this potential is also the key both to not building more Amazon dams and to avoiding pressure such as that currently pushing to allow inadequate water flow in the Volta Grande. If green hydrogen is exported to Europe while Brazil’s cities receive power from new dams, that hydrogen will not be “green”. As a precondition for importing Brazilian hydrogen, European countries should require that Brazil halt all construction of Amazon dams and adopt a better water management system in Volta Grande. The dramatic situation on the Volta Grande should motivate a rethinking of energy and environmental policies in Brazil and in the many other countries that turn a blind eye to the consequences of their plans for hydropower.“