Hidrosogamoso – GegenStrömung https://www.gegenstroemung.org/web Fri, 18 Jan 2019 15:14:43 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Siemens wegen Staudammprojekten in Kolumbien und Kanada in der Kritik https://www.gegenstroemung.org/web/blog/siemens-wegen-staudammprojekten-in-kolumbien-und-kanada-in-der-kritik/ Fri, 18 Jan 2019 15:14:43 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1824 Ein Bündnis aus mehreren Nichtregierungsorganisationen hat sich auch dieses Jahr wieder mit dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre zusammengeschlossen, um auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung von Siemens am 30. Januar 2019 in München gegen die Beteiligung der 35% Siemens-Tochter Voith-Hydro an Staudammprojekten zu protestieren. Um dem Konzern schon vorab die Möglichkeit zu geben, diesmal endlich umfassendere und konkretere Antworten auf die vorgebrachte Kritik als in den vergangenen Jahren zu geben, haben die AktivistInnen wieder einen Gegenantrag eingereicht, der Siemens vorab zugeschickt wurde, um Siemens davon in Kenntnis zu setzen und damit Siemens den Gegenantrag auf der firmeneigenen Webseite veröffentliche.

Die in dem Gegenantrag vor allem vom Öku-Büro München und der Initiative GegenStrömung vorgebrachte Kritik an Siemens‘ Staudammgeschäften bezieht sich dieses Mal schwerpunktmässig auf Menschenrechtsverletzungen durch Staudammprojekte in Kolumbien und Kanada.

Siemens lieferte Transformatoren, eine Schaltanlage sowie weitere elektrische Ausrüstung für die umstrittenen Wasserkraftwerke Hidrosogamoso und Hidroituango in Kolumbien. Beide Projekte wurden in Regionen geplant und umgesetzt, die sehr stark vom bewaffneten Konflikt betroffen sind. Trotz der Proteste von Angehörigen und Menschenrechtsorganisationen wurden in beiden Fällen Massengräber überschwemmt. In Fällen von Morden und gewaltsamen Verschwindenlassen können die sterblichen Überreste, nach denen Familien bis heute suchen, nicht mehr gefunden werden. Mordean und Drohungen gegen Staudammkritiker*innen sind seit Jahren bekannt, so der Gegenantrag. So wurden allein 2018 drei Mitglieder der Organisation Ríos Vivos, die sich kritisch mit Hidroituango auseinandersetzt, und drei ihrer Familienangehörigen ermordet.

Im Fall von Hidroituango war von Beginn an offensichtlich, dass die Lizenzen ohne Rücksicht auf Naturschutzgebiete und ohne Beachtung des Rechtes indigener Gemeinden auf vorherige, freie und informierte Konsultation und teils erst nachträglich erteilt wurden. Im vergangenen Jahr kam es durch verstopfte Tunnel zu Erdrutschen und Überflutungen. Hunderte Familien verloren ihr gesamtes Hab und Gut. Bis heute ist unklar, wie die Opfer der Katastrophe entschädigt werden. Viele Familien sind noch immer in einer provisorischen Notunterkunft oder privat untergebracht.

Im Fall Hidrosogamoso haben auch zahlreiche regulär umgesiedelte Menschen keine angemessene Entschädigung erhalten, ihnen wurden keinerlei Alternativen für ihre verlorenen Lebensgrundlagen angeboten. Durch die ökologischen Folgen beider Projekte sind Fischfang, Landwirtschaft und Tourismus stark beeinträchtigt.

Aber auch in Kanada steht Siemens bei Staudammprojekten in der Kritik. So würden indigene Rechte in Kanada missachtet, und zwar ebenfalls über das Siemens Joint-Venture mit Voith, Voith-Hydro. Denn dieses beteiligt sich auch am Bau des umstrittenen Staudamms Site C am Peace River in British Columbia, Kanada (GegenStrömung berichtete hier und hier und hier). Voith Hydro soll die Turbinen und die elektromechanische Ausstattung des Kraftwerks liefern. Durch den Bau werden die seit 1899 im Treaty 8 garantierten Landrechte der indigenen Bevölkerung missachtet, weshalb eine indigene Vereinigung mit juristischen Mitteln gegen das Projekt vorgeht. Roland Willson, Chief der West Moberley First Nations erklärte, dass Site C einem „kulturellen Genozid“ gleichkomme. Dieser Sichtweise haben im Dezember vergangenen Jahres auch die Vereinten Nationen Recht gegeben: der UN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung verlangte von Kanada, das Projekt zu unterbrechen, um gemeinsam mit den Betroffenen Alternativen für das 10,7 Milliarden teure Projekt zu erarbeiten.Ne ben den Landrechten von Indigenen würden durch den Staudamm über 2.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche verloren gehen. Durch die nötig werdenden Lebensmittelimporte würde British Colombia mit Site C laut dem kanadische Wissenschaftler David Suzuki sogar mehr Kohlendioxid ausstoßen, als ohne.

Seit 2013 protestieren NGOs wie das Öku-Büro und GegenStrömung auf Siemens-Hauptversammlung gemeinsam mit dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre gegen die Beteiligung der Siemens-Tochter Voith-Hydro, an Staudammprojekten. Schwerpunkt der Kritik waren jahrelang die beiden Staudämme Belo Monte in Brasilien und Agua Zarca in Honduras. Belo Monte ist – mit allen katastrophalen Folgen – derzeit so gut wie fertiggestellt, und die Turbinenlieferung an Agua Zarca hat Voith-Hydro mittlerweile eingestellt: Diese Einstellung des Vertrages und Nicht-Auslieferung der Turbinen erfolgte aber nach Ansicht der NGOs viel zu spät. Nämlich erst, nachdem die bekannte Widerstandskämpferin gegen Agua Zarca, die indigene Aktivistin und Menschenrechtsverteidigerin Berta Cáceres, erschossen wurde, – und zwar von Killern im Auftrag von mutmaßlichen Mitarbeitern der honduranischen Staudammfirma DESA, die für den Bau von Agua Zarca verantwortlich war. Im laufenden Prozess gegen die Killer und einen Teil der Hintermänner des Mordes hat die Staatsanwaltschaft vor wenigen Tagen die Strafmaßforderung verkündet, aber der Verteidigung stehen noch mehrere Rechtswege offen.

// christianrussau

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FILM: VerDammte Dämme https://www.gegenstroemung.org/web/blog/film-verdammte-daemme/ Wed, 14 Mar 2018 10:00:47 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1702

Zum Internationalen Aktionstag für Flüsse veröffentlichen wir unseren Informationsfilm „VerDammte Dämme“. Er zeigt, wie schädlich Wasserkraftwerke für Menschen und Umwelt sind: denn Staudämme zerstören Flüsse, tragen zum Klimawandel bei, verursachen soziale Konflikte und werden oft nur aufgrund von Korruption gebaut. Unser besonderer Dank geht an den Filmemacher Todd Southgate, der den Film für uns realisiert hat!

 

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Hannover Rück: Kritik an Rückversicherungen für umstrittene Dämme https://www.gegenstroemung.org/web/blog/hannover-rueck-kritik-an-rueckversicherungen-fuer-umstrittene-daemme/ Thu, 11 May 2017 11:56:23 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1440 Thilo Papacek von GegenStrömung sprach am 10. Mai auf der Jahreshauptversammlung der Hannover Rück zu den Versicherungen der Firma von umstrittenen Großprojekten wie dem Staudamm Hidrosogamoso in Kolumbien und dem im November 2015 gebrochenen Damm des Rückhaltebeckens der brasilianischen Bergbaufirma Samarco.

Thilo Papacek kritisierte, dass die Hannover Rück solch „hochriskante Projekte rückversichert, ohne dem Vorsorgeprinzip zu Folgen, wie es Prinzip 7 des Global Compact fordert“, an dem der Rückversicherer sich nach eigenen Angaben orientiert. „Ich will mit meinen Ausführungen nicht sagen, die Hannover Rück sei schuld an diesen menschenrechtlichen, sozialen und ökologischen Katastrophen. Aber ich fordere Sie auf, in Zukunft derartige sozio-ökologisch riskante Projekte nicht mehr rückzuversichern. Vom drittgrößten Rückversicherer der Welt wäre dies ein starkes Signal an Betreibergesellschaften und Investoren, sich in Zukunft mehr um die Einhaltung von menschenrechtlichen, sozialen und ökologischen Normen zu sorgen.“

> Rede Thilo Papacek (GegenStrömung)
> Pressebericht im Neuen Deutschland (11.5.2017)

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Bischof Erwin Kräutler predigt gegen Wasserkraft https://www.gegenstroemung.org/web/blog/bischof-erwin-kraeutler-predigt-gegen-wasserkraft/ Tue, 01 Mar 2016 15:59:28 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=1055 Bischof Erwin Kräutler, predigt bei dem Eröffnungsgottesdienst der 58. Misereor-Fastenaktion am 14. Februar 2016 im Würzburger Kiliansdom:
…“Wasserkraftwerke werden lautstark als „saubere“ Energiequellen gepriesen. Wir aber stellen uns die Frage: Was heißt da „sauber“, wenn tausende Familien ihren Grund und Boden verlieren und bestenfalls in enge Fertigteilhäuschen zwangsumgesiedelt werden? Was heißt da „sauber“ wenn tausende Quadratkilometer tropischen Regenwaldes solchen Wahnsinnsprojekten zum Opfer fallen? Was ist da noch „sauber“, wenn die in der Verfassung festgeschriebenen Rechte der indigenen Bevölkerung missachtet, die Indios aus ihrem sozialen Gefüge gerissen und in ihrem Überleben bedroht werden? Europäische Turbinenhersteller verteidigen sich und verweisen auf milliardenschwere Aufträge und die damit verbundene Garantie von Arbeitsplätzen. Aber astronomische Gewinne und die Sicherung von Arbeitsplätzen machen die folgenschweren Eingriffe auf Mensch und Mitwelt noch lange nicht ethisch vertretbar. Jedes Unternehmen, das sich an diesen Projekten beteiligt, ist auch mitverantwortlich für die Verletzung von Menschenrechten und die damit verbundenen, nie wieder gutzumachenden Umweltschäden.“…

Hier die ganze Predigt im Wortlaut.

Was antworten nun wohl die Firmen Voith, Siemens, Andritz, Münchener Rück, Allianz und Daimler? Früher antworteten sie immer nur wie hier beschrieben: Download der Broschüre zum Belo Monte Staudamm.

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Kolumbien: Staudammbetroffene ketten sich an Regierungssitz https://www.gegenstroemung.org/web/blog/kolumbien-staudammbetroffene-ketten-sich-an-regierungssitz/ Fri, 19 Jun 2015 11:52:02 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=892 Dutzende Menschen haben sich vor dem Regierungssitz der kolumbianischen Region Santander in der Stadt Bucaramanga festgekettet, um auf die sozialen und ökologischen Probleme beim Bau des Hidrosogamoso Staudamms hinzuweisen. Seit dem 16. Juni 2015 protestieren vor allem ältere Menschen, Frauen und Kinder aus den betroffenen Gemeinden am Fluss Sogamoso gegen die Zerstörung ihrer natürlichen Umwelt und ihrer Lebensgrundlagen durch den Staudammbau. Sie fordern von der Regierung und dem verantwortlichen halbstaatlichen Unternehmen ISAGEN eine Anerkennung der betroffenen Gemeinden, deren Entschädigung und eine rechtliche Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen durch den Bau des größten Wasserkraftwerkes des Landes. Die Turbinenlieferung für den Hidrosogamoso-Damms durch die deutsche Niederlassung der Andritz AG  wird durch das deutsche Wirtschaftsministerium mit einer Hermesbürgschaft in Höhe von 72 Millionen Euro abgesichert. Deutsche Unternehmen wie Siemens, Munich Re und die Allianz AG lieferten technisches Material oder versichern das Projekt.

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Protest vor dem Regierungssitz in Bucaramanga gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung durch den Staudamm Hidrosogamoso © Claudia Ortiz

Nach offiziellen Angaben von ISAGEN leben 2000 Familien am Fluss Sogamoso. Durch das Staudammprojekt hat sich ihr Leben drastisch verändert. Aufgrund des Stausees und der 190 Meter hohen Staumauer veränderte sich der Flusslauf, die Fließgeschwindigkeit und die Wasserqualität des Sogamoso derart, dass die lokale Wirtschaftsstruktur aus Fischfang und Landwirtschaft nahezu zum Erliegen kam. Die Gemeindevorsteherin von San Luis de Riosucio, Blanca Nubia Anaya, kritisiert zudem, dass die Menschen in den betroffenen Kommunen weder die versprochene Entschädigung für den Verlust von Land und Lebensunterhalt noch die von ISAGEN versprochene Arbeit bekommen hätten. „Wir bitten doch nur um Land, das wir bearbeiten können. Wir wollen doch nur, dass die Regierung die verbliebenen Wasserquellen schützt, nachdem sie unseren Fluss getötet haben“, sagt Anaya der lokalen Presse.

Obwohl der Protest friedlich verlief, versuchte die Polizei zwischenzeitlich den Eingang des Regierungssitzes mit Gewalt zu räumen. Als die Presse anfing, das rabiate Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die größtenteils älteren Menschen und Frauen zu filmen, ließen sie von den Demonstrant/innen ab. „Zum Glück tauchten die Filmteams auf und als die Polizei dies bemerkte, zogen sie sich zurück und entschuldigten sich für die Attacke.“, bestätigte Anaya.

(Das Video zeigt den Übergriff der Polizei auf die Demonstrant/innen am 18. Juni 2015.)

Die Basisinitiative der betroffenen Gemeinden „Movimientos Rios Vivos Santander“ fordert den Gouverneur von Santander, Richard Aguilar Villa, auf, die Einschüchterungsversuche der Sicherheitskräfte gegenüber den Demonstrant/innen zu unterbinden und stattdessen in den Dialog mit den betroffenen Gemeinden zu treten. Die Protestaktion vor dem Regierungssitz soll noch bis Ende nächsten Monats fortgesetzt werden.

GegenStrömung unterstützt die Proteste der betroffenen Bevölkerung und ihre Forderung nach Entschädigung. Auf Nachfrage teilten das Bundeswirtschaftsministerium, die Euler-Hermes Deutschland AG und die beteiligten deutschen Unternehmen mit, dass sie keine sozialen und ökologischen Probleme im Zusammenhang mit dem Bau des Hidrosogamoso-Staudamms feststellen konnten. Diese Informationen haben sie vom Projektbetreiber ISAGEN und der deutschen Botschaft, bestätigten das BMWi und die beteiligten Unternehmen.

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Die Allianz AG belässt es bei leeren Worten https://www.gegenstroemung.org/web/blog/die-allianz-ag-belaesst-es-bei-leeren-worten/ Thu, 07 May 2015 12:32:33 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=870 Die Allianz muss ihren Worten von Nachhaltigkeit auch endlich Taten folgen lassen“, forderte David Vollrath von GegenStrömung vom Vorstand der Allianz AG auf der Hauptversammlung (HV) des Versicherungskonzerns in München am 6. Mai 2015. Der Projektkoordinator von GegenStrömung bezieht sich in seiner Forderung an die Allianz auf das menschenrechtlich und ökologisch problematische Engagement des Versicherungskonzerns bei den Wasserkraftwerken Belo Monte in Brasilien und Hidrosogamoso in Kolumbien. Bei beiden Projekten versichert die Allianz die Bauphase und erwägt nun scheinbar eine Versicherung der Betriebsphase – trotz erheblicher Proteste der lokalen Bevölkerung und fortdauernder Kritik von Menschenrechtsorganisationen.

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David Vollrath auf der Allianz HV in München, 6. Mai 2015

In seiner Rede zitierte David Vollrath den austro-brasilianischen Bischof Erwin Kräutler, der in einem Brief an GegenStrömung schrieb: „Das Wahsinnsprojekt Belo Monte wird vor meiner Haustür gebaut (…) und ich weiß wovon ich rede, wenn ich erkläre, Belo Monte hat nichts mit „sauberer Energie“ zu tun“, so der Bischof der größten brasilianischen Diozöse Xingu. Von dem Projekt sind bis zu 40.000 Menschen betroffen. Die Umsiedlungen von 9000 Familien, darunter 600 indigene Familien, laufen chaotisch und die brasilianische Staatsanwaltschaft musste im April 2015 ein Notfallteam einrichten, das innerhalb einer Woche mehr als 1000 Beschwerden der Bevölkerung wegen Regelverstößen des Betreiberkonsortiums Norte Energia registrierte. Zudem wird gegen sechs der zehn Firmen, die das Belo-Monte-Baukonsortium bilden, aktuell wegen der Verstrickung in einen der größen Korruptionsskandale ermittelt. Aussagen bei der Staatsanwaltschaft von führenden Managern der Baufirmen legen nahe, dass der Bau des Staudamms mit systematischer Korruption einherging. Obwohl diese Informationen der Allianz bekannt sind, stellte sie in einer Stellungnahme zu den Gegenreden auf der HV lapidar fest, dass „diesen Beeinträchtigungen“ ein „erheblicher und dauerhafter Nutzen“ gegenüber stehe. Diese Meinung besitzt die Allianz exklusiv, da eigene Recherchen von GegenStrömung, aber auch neue Studien von der Oxford University und dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei das Gegenteil belegen: große Staudammprojekte – vor allem in sensiblen Regionen wie dem Amazonasgebiet – sind nicht nur ökologisch und sozial unverträglich, sondern machen auch wirtschaftlich keinen Sinn. Solche Projekte nutzen Wenigen und schaden Vielen, so das Fazit der Wissenschaftler/innen.

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Protest von GegenStrömung und Pro Regenwald e.V. vor der Allianz HV in München, am 6. Mai 2015.

Mit der Versicherung für die Bauphase des Hidrosogamoso-Damms in Kolumbien unterstützt die Allianz ein weiteres Projekt unter dem vor allem die lokale Bevölkerung zu leiden hat. Von den im Umweltgutachten erwähnten 30.000 betroffenen Menschen wurden bisher lediglich 289 Familien für den Verlust ihrer Häuser und Lebensgrundlagen entschädigt. Hunderte Fischerfamilien die unterhalb der Staumauer am Fluss Sogamoso leben, sind nicht einmal als betroffen anerkannt, obwohl die Wasserquantität und -qualität dort erheblich abgenommen hat und Fischfang als wirtschaftliche Grundlage nicht mehr möglich ist. Bisher sind sechs Wortführer des Widerstandes gegen den Hidrosogamoso ermordet wurden, elf weitere gelten als vermisst. Dass das größte Wasserkraftwerk Kolumbiens kein sauberes Energieprojekt ist, stellten sogar die kolumbianischen Umweltbehörden fest, die dem Hidrosogamoso-Damm eine Zertifizierung als CDM-Projekt verweigerten, weil dessen negative soziale und ökologische Folgen zu gravierend seien. Trotz dieser katastrophalen Auswirkungen von großen Staudammprojekten hält die Allianz an seiner Konzernpolitik fest und hat allein im Jahr 2014 Versicherungen für 89 neue Staudammprojekte genehmigt, wie der Vorstand auf der HV bestätigte.

Dass bei der Allianz Rendite scheinbar vor Menschenrechten und Umweltschutz geht, verdeutlichte eine Szene bei der HV. Nachdem die Vertreter/innen des Dachverbandes der Kritischen Aktionäre, von urgewald e.V. und GegenStrömung ihre Reden gehalten hatten, in denen sie von der Allianz mehr Engagement beim Menschenrechts- und Umweltschutz einforderten und dies von den anwesenden 6000 Aktionär/innen mit Applaus honoriert wurde, ermahnte der scheidende Vorstandsvorsitzende Michael Diekmann die Aktionär/innen. Diejenigen die applaudieren, müssten sich bewusst sein, dass eine nachhaltige Unternehmenspolitik nicht umsonst zu haben sei und Kosten verursache, so Diekmann. Ein klarer Hinweis an die Aktionär/innen, dass verantwortliches Unternehmenshandeln angeblich nur mit Renditeverlusten zu machen sei und dies die Anleger/innen teuer zu stehen käme. Dass eine klima- und umweltschädliche Konzernpolitik, die Menschenrechtsverletzungen billigend in Kauf nimmt, langfristig mehr Schaden anrichtet, als ein rechtzeitiges Umsteuern zu einem tatsächlich nachhaltigen Unternehmenshandels, schien Diekmann nicht in den Sinn zu kommen.

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Christian Russau vom Dachverband der Kritischen Aktionäre auf der Allianz HV in München, 6. Mai 2015.

Die Widersprüche der Konzernpolitik in Sachen Nachhaltigkeit brachte der Vertreter des Dachverbands der kritischen Aktionäre, Christian Russau, in seiner Rede auf dem Punkt: Hierzulande, wo man ja selbst die schönen Flüsse und Seen genießen will, da setzt sich die Allianz-Stiftung für Renaturierung ein – in Brasilien, in Amazonien allemal, da hilft die Allianz kräftig mit, die Flüsse plattzumachen.“

Auf die Frage, ob der Vorstand glaube, dass die Allianz-Stiftung dem eigenen Konzern ihren Umweltpreis verleihen würde, antworte Diekmann: „Nein, ich glaube eher nicht.“ In Bezug auf die eigene Nachhaltigkeitsagenda war das einer der wenigen glaubhaften Einschätzungen der Allianz an diesem Tag. 

Weitere Links:

Pressemitteilung zur Allianz HV: Problemkind immer noch kein Musterknabe

Rede von Katrin Ganswindt von urgeald e.V. zur Kohlepolitik der Allianz AG

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PM: Allianz: Problemkind ist noch immer kein Musterknabe https://www.gegenstroemung.org/web/blog/pm-allianz-problemkind-ist-noch-immer-kein-musterknabe/ https://www.gegenstroemung.org/web/blog/pm-allianz-problemkind-ist-noch-immer-kein-musterknabe/#comments Tue, 05 May 2015 11:16:57 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=868 urgewald *** Dachverband der Kritischen Aktionäre *** GegenStrömung *** pax christi

Nahost-Kommission *** Pro Regenwald

Allianz: Problemkind ist noch immer kein Musterknabe

  • Hausaufgaben beim Klimaschutz nicht gemacht

  • Absicherung hoch problematischer Großprojekte

  • Keine klaren Ausschlusskriterien beim Thema Rüstung


(Berlin/Köln/München, 04.05.2015) Auf der Hauptversammlung des Allianz-Konzerns am kommenden Mittwoch verabschiedet sich Vorstandschef Michael Diekmann nach zehn Jahren Amtszeit. Die Bilanz fällt aus Sicht von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen gemischt aus: „Herr Diekmann hat in den letzten Jahren seiner Amtszeit den Startschuss für den Aufbau eines konzernweiten Nachhaltigkeitsmanagements gegeben: Mittlerweile gibt es eine Nachhaltigkeitsabteilung und ein -Komitee, das von Vorstandsmitgliedern geleitet wird, sowie ein Prüfprozedere für heikle Branchen. Doch leider scheut die Allianz jetzt vor weiteren konkreten Schritten zurück: klare Umwelt- und Menschenrechtsstandards sowie eine Nachhaltigkeitsstrategie mit veröffentlichten Ausschlusskriterien für besonders problematische Branchen oder Kunden, um die schwarzen Schafe auszuschließen“, bilanziert Barbara Happe von der Umweltorganisation urgewald.

Denn, obwohl sich die Allianz als Versicherer das Thema Klimaschutz ganz groß auf die Fahnen schreibt, gehört der Konzern weiterhin zu den großen Kohleinvestoren der Welt. In großem Maße legt der Konzern darüber hinaus sein Geld bei Öl- und Gaskonzernen wie Shell, Gazprom oder Chevron an. Sie gehören zu den größten „Carbon Majors“ – Unternehmen, die weltweit für die höchsten CO2-Emissionen durch die Förderung fossiler Brennstoffe verantwortlich sind. „Wenn die Allianz es mit ihrem Motto „Zukunft sichern“ ernst meint, reicht es nicht aus, auf die Förderung Erneuerbarer Energien zu setzen. Im Klimajahr 20151 sollte sie klare Ausschlusskriterien formulieren und damit ein Zeichen gegen das fossile ‚business as usual‘ setzen“, fordert Katrin Ganswindt von urgewald. Andere Finanzinstitute sind hier bereits einige Schritte voraus. Mehrere skandinavische Versicherer wie z.B. Storebrand oder KLP haben sich bewusst von Vermögenswerten fossiler Unternehmen getrennt.

In der Kritik steht der Konzern ferner für die Versicherung von großen Infrastrukturprojekten wie z.B. dem Belo-Monte-Staudamm in Brasilien. Ende 2011 hatte die Allianz fünf Prozent der Versicherungssumme für die Baukosten des Staudamms zur Verfügung gestellt. Aktuell läuft im brasilianischen Altamira der Countdown zur Flutung des Stausees für das Kraftwerk. Unter chaotischen Bedingungen versucht das Betreiberkonsortium Norte Energia die betroffenen 9.000 Familien, darunter 600 indigene Familien, schnellstmöglich umzusiedeln. Entschädigungen wurden gar nicht oder nur zum Teil ausgezahlt, Konsultationen mit der Bevölkerung vor Ort nach den Regeln der ILO-Konvention 169 haben nicht stattgefunden. Die Staatsanwaltschaft musste inzwischen eingeschaltet und ein Notfallteam in die Region entsandt werden, um die Rechte der Betroffenen zu garantieren. Über 1.000 Beschwerden wegen Regelverstößen sind dabei in den letzten Wochen registriert worden. „Die Allianz verteidigt ihr Engagement trotzdem weiter damit, dass den erheblichen Eingriffen dauerhafter Nutzen gegenüber stehe. Wie zynisch muss das in den Ohren der Betroffenen klingen“, kritisiert David Vollrath von GegenStrömung. Christian Russau vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre wirft der Allianz Doppelmoral vor: „Hierzulande, wo man ja selbst die schönen Flüsse und Seen genießen will, da setzt sich die Allianz-Stiftung für Renaturierung ein – in Brasilien, in Amazonien allemal, da hilft die Allianz kräftig mit, die Flüsse plattzumachen.“

Auch beim Thema Rüstung steht der Konzern in der Kritik. Für Besorgnis sorgen Aktien, die Allianz für Dritte am israelischen Sicherheitskonzern Elbit Systems hält. Elbit hat Sicherheitstechnologie für die Mauer im von Israel besetzten Westjordanland geliefert. Laut einem Gutachten des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag verstößt die Mauer gegen internationales Recht. Mehr als 20 große Finanzinstitute und Pensionsfonds haben deswegen in den letzten Jahren sämtliche Beteiligungen an Elbit beendet. „Es ist ein Skandal, dass die Allianz im Rahmen ihrer Vermögensverwaltung weiterhin bereit ist, das Geld ihrer Kunden in Unternehmen anzulegen, die internationales Völkerrecht verletzen. Anscheinend geht bei der Allianz Profit immer noch vor Menschenrechtsschutz“, erklärt Manfred Budzinski von der Nahost-Kommission bei pax christi.

Beim Thema Nachhaltigkeit sind andere Finanzdienstleister weiter als die Allianz. Wenn sich der Konzern wirklich vom Problemkind zum Musterknaben entwickeln will, dann muss er jetzt Pflöcke einschlagen und vollmundigen Bekenntnissen konkrete Taten folgen lassen“, resümiert Happe.

Kontakte und weitere Informationen:

Barbara Happe, urgewald e.V., 0172/6814474, barbara@urgewald.org

Katrin Ganswindt, urgewald e.V., 0176/32411130, katrin@urgewald.org

Christian Russau, Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre,

0171/2095585, christian.russau@FDCL.org

David Vollrath, GegenStrömung, 0152/54183289, david.vollrath@gegenstroemung.org

Studie: Der Belo-Monte-Staudamm und die Rolle europäischer Konzerne (GegenStrömung, infoe), Link:

http://www.gegenstroemung.org/web/wp-content/uploads/2014/07/GegenStrömung_Belo-Monte-und-Europ-Konzerne_2014.pdf

1 Damit der diesjährige UN-Klimagipfel im November in Paris die ersehnte Wende in den Klimaverhandlungen bringen kann, wurde das Klimajahr 2015 ausgerufen. Damit wollen Zivilgesellschaft und Teile der Wirtschaft die Anstrengungen der Politik unterstützen.

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https://www.gegenstroemung.org/web/blog/pm-allianz-problemkind-ist-noch-immer-kein-musterknabe/feed/ 1
„Munich Re muss Verantwortung zeigen“ – Gegenreden auf der Aktionärsversammlung der Munich Re https://www.gegenstroemung.org/web/blog/munich-re-muss-verantwortung-zeigen-gegenreden-auf-der-aktionaersversammlung-der-munich-re/ Sun, 26 Apr 2015 14:42:21 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=840 In der Münchener Messe versammelten sich am Donnerstag, den 23. April 2015 AktionärInnen zur Hauptversammlung der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG, kurz Munich Re. Auch in diesem Jahr hatten GegenStrömung sowie der Dachverband der Kritischen Aktionäre und urgewald e.V. Gegenreden vorbereitet, um den AktionärInnen von Munich Re zu verdeutlichen, dass die Nachhaltigkeitsagenda des weltweit größten Rückversicherers bisher nicht viel mehr als leere Worte beinhaltet.

So erklärte der Vorstandsvorsitzende der Munich Re, Nikolaus von Bomhard, in seiner Auftaktrede den ca. 4000 anwesenden AktionärInnen, dass die Maßnahmen gegen den Klimawandel von „herausragender Bedeutung“ seien. Nur ein paar Sätze später bilanzierte Bomhard dann stolz , dass sein Unternehmen in den letzten fünf Jahren „hohe zweistellige Millionenbeträge“ in die klimaschädliche Kohleindustrie investiert habe. Barbara Happe von urgewald e.V. konstatierte in ihrer Rede folgerichtig:  „Wer glaubwürdig und nachhaltig sein will, muss bereit sein, klar und deutlich zu sagen, was mit ihm geht und was nicht. Ein paar grüne Tupfer und ansonsten „business as usual“ – das genügt nicht.“

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Verena Glass (mit Christian Russau) hält ihre Rede auf der Munich Re Hauptversammlung.

Für die Hauptversammlung war auch Verena Glass aus Brasilien angereist. Die Vertreterin der Basisbewegung Xingu vivo para sempre berichtete in ihrer Rede von den aktuellen Ereignissen im brasilianischen Altamira. Dort wird der Mega-Staudamm Belo Monte gebaut, mit verheerenden sozialen und ökologischen Folgen: „Das alles ist so schlimm, dass vom Pflichtverteidiger des Bundes (von der Defensoria Pública da União) eine Notfallgruppe von Anwälten nach Altamira entsandt wurde. Diese Notfallgruppe von Anwälten sah sich binnen kürzester Zeit mehr als 1.000 Einzelklagen der ärmsten Bevölkerungsschicht vor Ort gegenüber“, schilderte Verena Glass. Munich Re hat 25 Prozent der Rückversicherungssumme von Belo Monte übernommen und erhält dafür 15,5 Millionen Euro Prämie. Obwohl es seit Beginn des Projektes schwere Verstöße gegen Menschenrechte und Umweltgesetze gibt, wegen denen Munich Re auch 2012 aus dem Nachhaltigkeitsindex GCX entfernt wurde, bestreitet der Konzern-vorstand nach wie vor die negativen Folgen von Belo Monte. Überhaupt zeigen sich die Verantwortlichen bei Munich Re erstaunlich ahnungslos. Als Verena Glass den aktuellen und größten Korruptionsskandal in Brasilien seit Jahrzehnten anspricht, der weltweit durch die Medien geht und an dem auch Baufirmen beteiligt sind, die den Belo-Monte-Staudamm bauen, erklärte der Vorstand, dass er von dem Skandal erst durch die anwesenden NGOs GegenStrömung und urgewald erfahren hätte. Auf die Frage von Verena Glass, ob die Munich Re aus Fehlern lernen und zukünftig auf die Beteiligung an menschenrechtlich und ökologisch problematischen Staudammprojekten im Amazonasgebiet verzichten wird, erklärte Bomhard lapidar, dass er dafür keine Notwendigkeit sehe.

Während sich die Munich Re in München für die Renaturierung der Isar einsetzt, beteiligt sich der Konzern mit der Rückversicherung von großen Staudammprojekten in Amazonien an der Zerstörung der Umwelt. Neben Belo Monte ist die Munich Re auch an den Staudämmen Teles Pires und Santo Antonio im brasilianischen Amazonas beteiligt. Auch beiden beiden Projekten kam es zur Verletzung von Menschen- und Umweltrechten. Die Doppelmoral der Nachhaltigkeitsagenda von Munich Re brachte Christian Russau vom Dachverband der Kritischen Aktionäre in seiner Rede auf den Punkt. „Angesichts des Engagements der Munich RE bei Staudämmen und Flusszerstörung in Brasilien, fragt man sich doch: Stecken da nur Profitstreben und Ignoranz gepaart mit Unwissenheit dahinter? In München, wo man ja selbst die schöne Isar genießen will, da setzt man sich für Renaturierung ein – in Brasilien, in Amazonien allemal, ja, das ist weit weg, da helfen wir kräftig mit, die Flüsse plattzumachen.“

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Bischof Erwin Kräutler setzt sich seit Jahrzehnten für die Rechte indigener Gruppen in Brasilien ein. (Foto: Verena Glass)

Die letzte Rede hielt David Vollrath von GegenStrömung. Er las stellvertretend einen Brief von Bischof Erwin Kräuter vor, den dieser anlässlich der Munich Re Hauptversammlung geschickt hatte. Kräutler ist Bischof der größten brasilianischen Diözese Xingu, der Region in der der Belo-Monte-Staudamm gebaut wird. Er setzt sich seit Jahren für die Rechte der indigenen Bevölkerung ein. „Mit dem Bau von Belo Monte hat die brasilianische Regierung die Bundesverfassung verletzt und gegen internationale Abkommen verstoßen. Sie hat die volle Verantwortung für den kulturellen und sogar physischen Tod dieser Völker zu tragen“, lässt sich Bischof Kräuter zitieren und schließt seine Rede mit warnenden Worten: „Jede Firma, die sich an Belo Monte beteiligt, zeichnet sich mitverantwortlich für diese Menschenrechts- und Umweltkatastrophe.“

Weitere Links:

Das Belo-Monte-Dossier: Der Belo-Monte-Staudamm und die Rolle europäischer Konzerne

Pressemitteilung zur Hauptversammlung der Munich Re

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PM: Nachhaltigkeit ganz klein geschrieben – Aussitzen statt Einmischen https://www.gegenstroemung.org/web/blog/pm-nachhaltigkeit-ganz-klein-geschrieben-aussitzen-statt-einmischen/ https://www.gegenstroemung.org/web/blog/pm-nachhaltigkeit-ganz-klein-geschrieben-aussitzen-statt-einmischen/#comments Thu, 23 Apr 2015 14:52:32 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=842 Munich RE: Nachhaltigkeit ganz klein geschrieben – Aussitzen statt Einmischen

  • (Zwangs-)Umsiedlungen beim Großstaudamm Belo Monte; fundamentale Rechte von Betroffenen werden missachtet

  • Nationaler Korruptionsskandal greift auf Belo Monte über

  • Bischof klagt über „Umwelt- und Menschenrechtskatastrophe“

São Paulo/München/Köln/Berlin, 21. April 2015 Anlässlich der Hauptversammlung der Munich RE am kommenden Donnerstag in München kritisieren Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen die Rückversicherung verschiedener Großstaudammprojekte durch die Munich RE, darunter Belo Monte in Brasilien, sowie für sportliche Großereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft und Olympia.

Im brasilianischen Altamira läuft aktuell der Count-Down zur Flutung des Stausees für das Kraftwerk Belo Monte. Unter chaotischen Bedingungen und mit fragwürdigen Mitteln versucht das Betreiberkonsortium Norte Energia die betroffenen 9.000 Familien, darunter 600 indigene Familien, schnellstmöglich umzusiedeln. Die Staatsanwaltschaft musste inzwischen eingeschaltet und ein Notfallteam in die Region entsandt werden, um die Rechte der Betroffenen auf Entschädigung und/oder Umsiedlung zu garantieren. Über 1.000 Beschwerden wegen Regelverstößen sind dabei in den letzten Wochen registriert worden.

Der katholische Bischof der Diözese Altamira und Träger des „Alternativen Nobelpreises“, Erwin Kräutler, informiert die Munich RE in einem Brief, der auf der Hauptversammlung verlesen wird, über die Situation vor Ort. „Ich bin Bischof am Xingu-Fluss im brasilianischen Amazonas und das Wahnsinnsprojekt Belo Monte wird vor meiner Haustüre gebaut. Ich weiß, wovon ich rede, wenn ich erkläre, dass (…) Belo Monte nichts mit ’sauberer‘ Energie zu tun hat“, so der aus Österreich stammende Bischof. An die 40.000 Menschen verlören in Altamira und Umgebung Haus und Hof und die meisten wüssten nicht einmal, wohin sie dann gehen sollen. „In den Monaten Februar und März dieses Jahres begann nun die Zerstörung der Häuser in der Region, die geflutet werden soll“, so Bischof Kräutler. Zahlreiche von Fischern und Indigenen bewohnte Inseln und Uferlandschaften würden abgeholzt und die Leute abtransportiert. Sie bevölkern heute die Straßen von Altamira. „Jede Firma, die sich an Belo Monte beteiligt, zeichnet sich mitverantwortlich für diese Menschenrechts- und Umweltkatastrophe“, mahnt Erwin Kräutler. Die Munich RE hat 2011 25% der Rückversicherungssumme für den Bau des Staudamms übernommen.

Verena Glass von der Widerstandsbewegung Xingu Vivo para Sempre ist extra aus Brasilien angereist, um über die aktuelle Situation vor Ort zu berichten. Gegen sechs der zehn Firmen, die das Belo-Monte-Baukonsortium bilden, wird aktuell wegen der Verstrickung in einen landesweiten Korruptionsskandal ermittelt. Dabei geht es um Geldwäsche, Untreue, Kartellbildung und Korruption in Milliardenhöhe. Mittlerweile hat sich der Skandal auch auf das Staudammprojekt ausgeweitet. Neuesten Ermittlungen zufolge wurden Schmiergelder in Höhe von mindestens 30 Mio. Euro an Regierungsparteien gezahlt, um an die lukrativen Bauaufträge für Belo Monte zu gelangen. „Doch das kümmert die Munich RE anscheinend nicht – der Konzern vertraut weiter darauf, dass die Firmen bei Belo Monte schon alles richtig machen. Das ist ein Skandal. Die Munich RE darf sich nicht länger hinter dem Argument verstecken, dass jedes Einmischen und jede Kontaktaufnahme mit staatlichen Behörden oder Betroffenen über das Vertragsverhältnis hinausgehen. Kein Aktionär will Dividende auf Kosten von Menschenrechten in Brasilien“, fordert Verena Glass.

Umweltorganisationen wie GegenStrömung und urgewald hatten bereits in den beiden vergangenen Jahren den Vorstand der Munich RE auf die Menschenrechtsverletzungen beim Staudammbau Belo Monte hingewiesen. „Obwohl Vorstandschef Dr. Nikolaus von Bomhard schon vor zwei Jahren eingeräumt hat, dass dieses Projekt auch zahlreiche Risiken in sich birgt, scheint der Konzern die Probleme jetzt einfach aussitzen zu wollen“, kritisiert David Vollrath von GegenStrömung.

Belo Monte ist dabei nicht der einzige Großstaudamm, den die Munich RE in den letzten Jahren in Brasilien rückversichert hat. Auch bei anderen Staudämmen in Brasilien wie Teles Pires oder Santo Antonio kam es wiederholt zu Baustopps, zuletzt im November 2014, weil betroffene indigene Gemeinschaften auch hier nicht, wie gesetzlich vorgeschrieben, angemessen konsultiert und Umweltauflagen nicht angemessen umgesetzt worden sind. „Dies zeigt, dass es sich bei Belo Monte nicht um einen bedauerlichen Einzelfall handelt, sondern dass die Prüfverfahren der Munich RE in Sachen Umwelt- und Menschenrechtsschutz noch immer ein Armutszeugnis sind. Im Spannungsfeld zwischen Ertragsorientierung und ökologisch-sozialer Nachhaltigkeit zieht letztere immer noch den Kürzeren“, resümiert Barbara Happe von urgewald.

Die Munich RE steht zudem wegen der Rückversicherung sportlicher Großereignisse wie der Fußballweltmeisterschaft und Olympia in der Kritik. Christian Russau von den Kritischen Aktionären wirft dem Konzern vor, sich zu sehr mit FIFA und IOC zu verbandeln. „Die Münchener Rück hat die WM in Brasilien mit gut einer halben Milliarde Euro rückversichert und sich nie für das Schicksal der brasilienweit bis zu 250.000 Menschen interessiert, die wegen WM und Olympia von Zwangsräumung bedroht sind oder bereits geräumt wurden“, so Russau. „Allein die Presseberichte zu den bei WM-Bauten in Katar zu Tode gekommenen Bauarbeitern sollten die Munich RE doch endlich wachrütteln und sie sollte ihre Geschäftsbeziehungen zur FIFA aufkündigen.“

Gegenanträge: www.kritischeaktionaere.de

Kontakt und weitere Informationen:

– Verena Glass (Xingu Vivo para Sempre), ab 21.4.2015 mobil erreichbar über Christian Russau: 0171 – 209 5585, christian.russau@FDCL.org

– Barbara Happe (urgewald), mobil: 0172 – 681 4474, barbara@urgewald.de

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Kolumbien: ISAGEN muss Umweltschäden beseitigen https://www.gegenstroemung.org/web/blog/kolumbien-isagen-muss-umweltschaeden-beseitigen/ Sun, 29 Mar 2015 12:19:26 +0000 http://www.gegenstroemung.org/web/?p=919 Bildschirmfoto 2015-06-23 um 15.01.11
Claudia Ortiz Gerena bei einem Interview des deutschen Senders WDR 5, am 27.11.2014 in Berlin © David Vollrath

Am 27. März ordnete das Verwaltungsgericht der kolumbianischen Region Santander an, dass das Unternehmen ISAGEN die Umweltschäden, die durch die Bauarbeiten am Staudamm Hidrosogamoso verursacht wurden, beseitigen muss. Damit gab das Gericht einer Klage von Claudia Ortiz Gerena statt, die rechtlich gegen die Verschmutzung des Flusses durch Bauschutt und organische Materialien vorgegangen war. In der Klage vom 2. September 2014 (Rad 2014-659) begründete Gerena ihr Vorgehen damit, dass die „Verschmutzung des Flusses Sogamoso die Ufergemeinden negativ betreffe, weil durch die Bauarbeiten am Staudamm Hidrosogamoso das natürliche Gleichgewicht gestört sei. Somit sei das Recht der Gemeinden auf eine gesunde Umwelt, die Nutzung der natürlichen Ressourcen und auf eine nachhaltige Entwicklung nicht mehr garantiert.“

Obwohl die Umweltlizenz für das Hidrosogamoso-Projekt vorschreibt, dass vor der Flutung des Stausees alle Pflanzen aus dem Gebiet entfernt werden müssen, war ISAGEN dem nicht nachgekommen. In den Fluten versanken nicht nur die Grundstücke der umgesiedelten Bevölkerung, sondern auch Bäume, Sträucher und andere Pflanzenreste. Die im Wasser verrottenden Pflanzen setzten üble Gerüche und Methan frei. Die Flussanwohner/innen bemerkten, wie sich die Luft- und Wasserqualität verschlechterte und vermehrt gesundheitliche Probleme wie Übelkeit, Kopfschmerz und Hautausschlag auftraten.

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Baustelle des Hidrosogamoso Staudamms am Fluss Sogamoso in der kolumbianischen Region Santander © Movimiento Rios Vivos

Laut Urteil des Gerichtes hat ISAGEN sechs Monate Zeit, um die Pflanzenreste im Staubecken und die Umweltschäden im Fluss zu beseitigen. Das Urteil bestätigt eine Verletzung der Umweltauflagen durch ISAGEN und gab den vom Staudamm betroffenen Gemeinden Recht. Diese beschweren sich seit Baubeginn des Hidrosogamoso-Staudamms über die Nichteinhaltung der vereinbarten sozialen und ökologischen Standards durch ISAGEN und hoffen nun, dass auch ihren Forderungen nach Entschädigung für den Verlust ihrer wirtschaftlichen Lebensgrundlagen stattgegeben wird. ISAGEN hat bisher nur 286 von 2000 betroffenen Familien entschädigt.

GegenStrömung unterstützt die Forderungen der betroffenen Gemeinden nach Entschädigung und fordert seinerseits vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) neue Untersuchungen zu den sozialen und ökologischen Folgen des Hidrosogamoso-Projektes. Das BMWi hatte eine Hermesbürgschaft über 72 Millionen Euro für die Turbinenlieferung der deutschen Niederlassung des österreichischen Unternehmens Andritz genehmigt.

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