Die US-amerikanische Nichtregierungsorganisation American Rivers führt ein umfangreiches Register über den Rückbau von Staudämmen in den USA und hat am 13. Februar 2018 die Zahlen für 2017 bekannt gegeben. Demnach wurden im vergangenen Jahr 86 Staudämme in den USA zurückgebaut. 2014 lag diese Zahl noch bei 78. Durch den Rückbau der 86 Dämme wurden 550 Meilen von Flüssen wieder zu frei fliessenden Flüssen. In den 21 Bundesstaaten Alaska, California, Connecticut, Iowa, Indiana, Kentucky, Massachusetts, Maine, Michigan, Minnesota, Nevada, New Hampshire, New Jersey, North Carolina, Ohio, Oregon, Pennsylvania, Tennessee, Vermont, Washington und Wisconsin wurden Dämme zurückgebaut, wobei Pennsylvania mit 16 Dämmen die Liste anführte, geflgt von Kalifornien mit 10 und Massachusetts mit insgesamt 9 Dämmen.
Laut den Zahlen von American Rivers wurden in den USA seit 1912 insgesamt 1.492 Dämme zurückgebaut. Dabei wurde die Mehrzahl der Dämme, 1.275, in den vergangenen dreissig Jahren zurückgebaut. Durch den Rückbau entstanden tausende Kilometer frei fließender Flusslandschaften, mit allen Möglichkeiten von freiem Fischzug, Sedimentfracht und ungezügelter Biodiversität. So werden seit Jahren in den USA statistisch mehr Staudämme abgerissen als neue gebaut. American Rivers hat dazu auch eine interaktive Landkarte erstellt, die den Rückbau von Staudämmen in den USA dokumentiert: http://www.americanrivers.org/initiatives/dams/dam-removals-map/
Das bekannteste Beispiel für Rückbau von Staudämmen ist wohl der Elwha River im Bundesstaat Washington. „Im Elwah ist historisch dokumentiert, dass alle fünf verschiedenen Lachsarten hier zu Hause sind“, so Dave Reynolds, Ranger im Olympia Nationalpark, wo der Elwha-Fluss gestaut wurde, im Interview mit Deutschlandfunk. „Der Bau des Dammes 1910, nur fünf Meilen von der Flussmündung entfernt, hat die Wanderlachse vom restlichen Teil des Flusses abgetrennt.“ In den letzten 100 Jahren seien die Lachsbestände von 400.000 auf heute 3.000 zurückgegangen.
Nun aber ist es anders, ganz anders. Er ist der höchste Staudamm, der in den USA wieder abgebaut wurde: der Glines Canyon-Damm im Olympic National Park war einmal 64 Meter hoch, kein Fisch der Welt hätte hier eine Chance. 2011 begann der Rückbau, seit August 2014 staut er den Elwha River nicht mehr – und Forellen, Lachse und andere Fische ziehen wieder unbehindert zu ihren Laichgründen. “Der Lachs ist wieder da,” freute sich auch Dr. Jonathan Warrick im Gespräch mit der New York Times. “Sie tummeln sich hier wieder in Dimensionen, wie die letzten 100 Jahre nicht mehr.“
Und für die Menschen flussabwärts gab der Staudammrückbau ganz neue Perspektiven auf den Fluss frei. Denn hinter den Staumauern des Glines Canyon-Damms hatten sich wissenschaftlichen Berechnungen zufolge in den Jahrzehnten seines Bestehens Millionen Kubikmeter Sedimente angesammelt, die nun begannen, wieder frei mit dem Flusslauf zu treiben. Und im Fluss-Delta bildeten sich wieder Sandbänke und die Uferstrände weiteten sich wieder aus, das ganze Delta wuchs. Neue Habitate für Vögel, Fische und Krebse entstehen. Das Fazit: „When Dams Come Down, Salmon and Sand Can Prosper.“