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Berlin 02.12.2008 Zehn Tage vor Ablauf des Ultimatums zur Verbesserung des Ilisu-Projekts wurde bekannt, dass die türkische Regierung die Bauarbeiten nicht gestoppt, sondern intensiviert hat. Der europäischen Ilisu-Kampagne liegen aktuelle Fotos vor, die umfangreiche Arbeiten am und im Tigris belegen. Diese Aktivitäten widersprechen den Vorgaben Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, dass die Bauarbeiten im Fluss erst beginnen dürfen, wenn Auflagen im Umwelt-, Kultur- und Umsiedlungsbereich erfüllt sind. Andernfalls drohe die umgehende Kündigung der europäischen Bürgschaftsverträge, so die drei Regierungen.
„Die Bauarbeiten sind ein weiterer Beweis dafür, dass die Türkei sich nicht an die Vorgaben hält, und eine Brüskierung der europäischen Staaten. Wenn die Bundesregierung daraus jetzt nicht die Konsequenzen zieht und die Bürgschaft kündigt, verliert sie jede Chance auf Glaubwürdigkeit“, so Heike Drillisch von GegenStrömung, der Ilisu-Kampagne in Deutschland.
In den vergangenen zwölf Monaten hatten Experten im Auftrag der drei europäischen Staaten wiederholt festgestellt, dass sich die türkischen Behörden nicht an die Vorgaben und internationalen Standards halten und sogar versucht hatten, die Europäer zu täuschen. Auflagen waren von Ankara als erledigt´ gemeldet worden, was sich bei einer Überprüfung als falsch herausstellte. Daraufhin stellten die drei Länder der Türkei am 7. Oktober ein Ultimatum, das am 12. Dezember abläuft. Bis dahin muss die türkische Regierung die Auflagen erfüllen bzw. deren Erfüllung glaubhaft garantieren. Andernfalls würden die Verträge gekündigt.
„Ein weiterer Skandal ist, dass der Ort Ilisu und der Blick auf die Baustelle nicht mehr frei zugänglich sind“, so Ercan Ayboga von der örtlichen Initiative zur Rettung von Hasankeyf. `Nicht befugte Personen’, zum Beispiel VertreterInnen lokaler Nichtregierungsorganisationen, wurde der Besuch mehrfach verwehrt.
Auch beim Kulturgüterschutz hat sich in den letzten Monaten nichts verbessert. Das ergab der kürzlich veröffentlichte Bericht der Kulturexperten. Laut deren Leiterin, Margarete van Ess vom Deutschen Archäologischen Institut, fehlen noch immer wesentliche Grundlagen. Dazu gehören ein Überblick über wertvolle archäologische Fundstätten im Projektgebiet sowie der Nachweis über die Machbarkeit der Umsiedlung einzelner Baudenkmäler von Hasankeyf.
Einigung hinter den Kulissen?
Dem Vernehmen nach erwägen Deutschland, Österreich und die Schweiz eine Verlängerung des Ultimatums, weil die türkischen Behörden neue Pläne zur Auflagenumsetzung vorgelegt hätten. „Auch wenn die Exportkreditversicherungen es nicht wahrhaben wollen, zeigen die neuesten Entwicklungen, dass weitere Verhandlungen keine Besserung vor Ort bewirken. Nichts deutet darauf hin, dass neue Pläne besser umgesetzt würden als bisher“, so Heike Drillisch „Eine Fristverlängerung wäre daher eine Bankrotterklärung der europäischen Position und würde wohl zu einer internationalen Protestwelle führen.“
Ein breites Bündnis von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen – darunter das Forum Umwelt & Entwicklung, der NABU, IPPNW, International Rivers, urgewald, INFOE und medico international – informiert heute die zuständigen Ministerien und Abgeordnete des Bundestags mit einer Stellungnahme über die aktuelle Situation. Der Bundestag berät am 3. und 4. Dezember über das Ilisu-Projekt. Ab dem 12. Dezember muss dann die Bundesregierung gemeinsam mit den Regierungen Österreichs und der Schweiz eine Entscheidung treffen.
Weitere Informationen
Fotos von der Baustelle sowie die Stellungnahme deutscher Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen sind zu finden unter www.stopilisu.com,
Bericht der Kulturgüterexperten unter http://www.ilisu-wasserkraftwerk.com/page.php?modul=HTMLPages&pid=67
Kontakt:
Heike Drillisch, GegenStrömung, 0177 – 345 26 11, heike@infoe.de
Ercan Ayboga, Initiative zur Rettung von Hasankeyf, hasankeyfgirisimi@gmail.com