„Der Bau von Belo Monte ist nicht sinnvoll, da nicht finanzierbar und nicht wirtschaftlich. Das Expert/-innenteam warnte ausdrücklich vor einer Salamitaktik, bei der erst zwei Dämme gebaut würden, sich dann herausstelle, dass der Wasserstand des Xingu zu gering sei für eine wirtschaftlich rentable Nutzung und dann argumentiert würde, dass es besser sei, das ohnehin schon gebaute Projekt durch weitere Staustufen effizienter zu machen, und so zu den ursprünglichen Plänen zurückzukehren. Die jetzige Entscheidung der Regierung, dass es nur dieses eine Kraftwerk am Xingu geben werde, kann jederzeit widerrufen werden. Schon gibt es Prognosen, dass aufgrund der Saisonalität der Wasserführung durchschnittlich nur 40% der Nennleistung von Belo Monte produziert werden können.“
Dieser Satz stammt aus der GegenStrömung-Publikation „Der Belo-Monte-Staudamm und die Rolle europäischer Konzerne. Von Tina Kleiber und Christian Russau unter Mitwirkung von Heike Drillisch und Herbert Wasserbauer“ (Seite 12) aus dem Juli 2014.
Nun ist es Ende April 2025, fast elf Jahre später und nun heißt es laut einem Medienbericht der Tageszeitung Folha de São Paulo seitens des brasilianischen Bergbau- und Energieministeriums: „Das Wasserkraftwerk Belo Monte prüft die Möglichkeit, einen neuen Staudamm am Xingu-Fluss zu bauen, um den Konflikt um die Wassernutzung zu entschärfen und das Stromerzeugungspotenzial während des ganzen Jahres zu erhöhen.“
Denn, die Zahlen sind eindeutig: Legt man die Daten der Stromproduktion des 11-GW-Staudamms Belo Monte im Zeitraum seit dessen Inbetriebnahme 2016 bis heute an, so offenbart sich eine jährlich durchschnittliche Produktion von 4.571 MW oder 41 Prozent der installierten Kapazität, was auf die saisonalen Schwankungen des Xingu zurückzuführen ist. Genau wie von den kritischen Wissenschaftler:innen vorherberechnet, aber deren Expertise wollte man in Brasília nicht hören.
Dem aktuellen Folha-Bericht nach sei die Staudammbetreiberin Norte Energia vom Bergbau- und Energieministerium dazu beauftragt worden, die bestmögliche Örtichkeit für den Bau einer weiteren Staustufe des Xingu, flussaufwärts der Stadt Altamira zu suchen. Das Ministerium habe dafür Norte Energia auserkoren, weil die Firma die Gegend vor Ort bereits am besten studiert habe und die entsprechenden Kenntnisse aufweise. „Wir erstellen eine Art Gutachten in der Region, um zu sehen, ob es Gebiete gibt, in denen wir eine Art Wasserspeicher bauen können – einen Damm ohne Turbinen, mit Überlaufrinnen, der in der Regenzeit gefüllt würde und das Wasser in der Trockenzeit, in der zweiten Jahreshälfte, zu den Turbinen von Belo Monte leiten würde“, erklärte der Geschäftsführer von Norte Energia gegenüber Medien. Für einen solchen Bau sei es eine Grundvoraussetzung, dass der Standort dieses möglichen Staudamms nicht in der Nähe von indigenem Land, von Fischereigebieten oder von Ribeirinho-Flussufergemeinden liegen dürfe, so der Medienbericht unter Bezugnahme auf Aussagen der Staudammbetreiberin. Dass Staumauern die stromauf und stromab migrierenden Fischpopulationen und somit die Lebensgrundlage der Lokalbevölkerung vor Ort bedrohen, ist wieder einmal mehr kein Thema. Es gibt zudem bislang weder eine Projektskizze noch einen Termin für die Entwicklung, so das Ministerium. Um jedoch den Vorschlag zu erfüllen, als effizienter Stausee zu fungieren, müsse das Projekt mindestens die Größe eines Staudamms mit einer überfluteten Fläche von 1.040 km² haben. Zur Erinnerung: Das aktuelle Reservoir von Belo Monte hat 516 km². So wird wohl dann doch schrittweise (siehe Salamitaktik weiter oben) aus Belo Monte doch wieder ein Kararaô mit mehreren den Fluss stauenden Staustufen.