Erneutes Säbelrasseln um den „Grand Ethiopian Renaissance“-Staudamm am Blauen Nil in Äthiopien
Äthiopiens Armeechef, General Birhanu Jula, sprach mit internationalen Medien über den Bau des künftig größten Staudamms Afrikas, den 6-GW-Staudamm „Grand Ethiopian Renaissance“, den das Land am Blauen Nil derzeit errichtet und nahezu fertig gestellt hat. General Birhanu Jula ging auch auf die internationalen Spannungen ein, die der Bau zwischen den Anrainerstaaten Sudan und Ägypten mit Äthiopien hervorruft und sprach gegenüber Ägypten eine unmißverständliche Drohung aus, sollte Ägypten weiterhin gegen Äthiopiens Pläne sein, das Wasserreservoir zu füllen: „[Die] Ägypter und der Rest der Welt wissen mehr als gut, wie wir Krieg führen, wann auch immer es dazu kommt“, so General Birhanu Jula gegenüber AP.
Dabei fährt der General eine diplomatisch deutlich härtere Linie als Äthiopiens Premierminister Abiy Ahmed, der zu Beginn der Woche Medien gegenüber die ausserordentliche Bedeutung einer diplomatischen Lösung betonte. Aber auch der Premierminister betonte, Äthiopien wolle „niemanden Schaden zufügen, aber zugleich wird es schwierig zu akzeptieren für uns sein, dass wir es nicht verdienten, Elektrizität haben.“ Äthiopien sei es Leid, andere anzubetteln, während es gleichzeitig eine Bevölkerung habe, die zu 70 Prozent jung sei, so der Premierminister.
Mehrmals seit 2017 war es zu Dreiparteiengesprächen zwischen Äthiopien, Ägypten und Sudan gekommen (GegenStrömung berichtete mehrmals), es hatte Fortschritte, aber auch Rückschritte gegeben, immer wieder durchschnitten von Säbelrassen, drohendem Abbruch und Vertagung der Gespräche, Mediationsgespräche der drei Parteien unter Mediation der USA und der Weltbank. Nun da der Bau beinahe fertiggestellt ist, spitzt sich die diplomatische Situation wieder zu.
Der Konflikt dreht sich um die Dauer der Füllung von Afrikas bei Fertigstellung künftig größten Wasserkraftwerks. Äthiopien plant die Füllung des Stausees in einem Zeitrahmen von sechs Jahren, Ägypten will eine Mindestdauer von zehn Jahren. Der Grand Ethiopian Renaissance Dam am Blauen Nil wäre bei Fertigstellung mit seinen bis zu fünf Milliarden US-Dollar Kosten und mit einem Staureservoir von 1.630 Quadratkilometern Afrikas größter Staudamm. Sein Fassungsvermögen soll bei Vollstauung 63 Milliarden Kubikmeter Stauvermögen umfassen. Die Anrainerstaaten des Nils allerdings fürchten um ihre Wasserversorgung. Denn der blaue Nil ist die lebenswichtige Wasserader sowohl von Äthiopien als auch von Sudan und als Nil von ganz Ägypten. Ägypten zeigt sich extrem besorgt um die Wasserzufuhr des Nils, wenn Äthiopien anfängt, den Grand Ethiopian Renaissance Damm am Blauen Nil zu stauen. Denn die jährliche Wassermenge des Nils insgesamt oszilliert zwischen 55 und 88 Mrd. Kubikmetern. Wird Äthiopien das Reservoir schnell oder langsam füllen, welche Auswirkungen wird das für die Wasserversorgung in Ägypten haben, fragen sich die Ägypter seit Jahren. Eine Studie der Universität von Kairo sieht bei einer Fülldauer von drei Jahren einen Verlust von landwirtschaftlicher Fläche in Ägypten in Höhe von schockierenden 51 Prozent, eine sechsjährige Fülldauer würde auch noch erschreckende 17 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Ägyptens in Mitleidenschaft ziehen.