Informationsfreiheitsgesetz: NRO-Klage gegen Bundeswirtschaftsministerium zur Außenwirtschaftsförderung erfolgreich abgeschlossen
Die Verwaltungsstreitsache Amnesty International u. a. gegen Bundesrepublik Deutschland auf Herausgabe menschenrechtsbezogener Informationen zu Hermesbürgschaften endete am 18.08. 2015 mit einem Erfolg für die Kläger.
Im Juli 2012 hatten die Nichtregierungsorganisationen Amnesty International, urgewald und GegenStrömung/INFOE beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) den Zugang zu Prüfberichten für 29 hermesgedeckte Projekte aus den Jahren 2009, 2010 und 2011 beantragt. Mit Hermesbürgschaften versichert die Bundesregierung Exporte deutscher Unternehmen in risikoreiche Märkte. Ziel des Antrags war es, anhand einer größeren Anzahl von Prüfberichten zu Projekten aus besonders sensiblen Branchen oder Ländern nachzuvollziehen, ob Deutschland wie behauptet systematisch die Einhaltung von Menschenrechtsstandards prüft und bei der Entscheidung über die Vergabe einer Bürgschaft berücksichtigt. Der Antrag war dementsprechend auf Passagen beschränkt, die Umwelt- und Sozialaspekte einschließlich Menschenrechtsfragen berühren. Grundlage für die Anfrage waren das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und das Umweltinformationsgesetz (UIG).
Das BMWI signalisierte zunächst den Willen zu einer Zusammenarbeit und wollte zumindest Teile der geforderten Informationen zugänglich machen. Nach Gesprächen des Ministeriums mit dem BDI und Bankenverband kam es jedoch im Februar 2013 zur Ablehnung des Antrags. Einer Herausgabe der Informationen stünden erhebliche Bedenken gegenüber, wie der Schutz internationaler Beziehungen, vertraulicher Beratungen und interner Mitteilungen, dass das Umweltinformationsgesetz keine extraterritoriale Wirkung beinhalte und dass eine notwendige Beteiligung der Antragsteller bzw. ihrer Besteller das Instrument der Exportbürgschaften insgesamt gefährden würde. Der Widerspruch der Antragsteller blieb erfolglos.
Amnesty International, urgewald und GegenStrömung erhoben daraufhin zusammen Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Aufhebung der vorangegangen Bescheide und Herausgabe der beantragten Informationen zu Umwelt- und Sozialaspekten einschließlich Menschenrechtsfragen bei 29 hermesgedeckten Projekten.
Nach schriftlichem Vorverfahren und mündlicher Erörterung vor Gericht konnten die Kläger einen Vergleich erwirken. In diesem verpflichtete sich die Bundesrepublik Deutschland zur antragsgemäßen Herausgabe der Informationen bis zum 15.09.2015. Hiervon ausgenommen waren Angaben zu Wertungen der öffentlichen Stellen, Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Exporteure, Besteller und beteiligten Banken sowie Angaben zu Kolumbien und einem Projekt in Mauretanien, sowie Informationen, die aus der ECA Zusammenarbeit resultieren. Zugleich erklärte die Bundesrepublik sich dazu bereit, den Begriff „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ eng zu verstehen und jede darauf beruhende Schwärzung in den Berichten als Einzelfall hinsichtlich einer tatsächlich schützenswerten Information zu prüfen sowie die Schwärzungen einzeln zu begründen.
Mit dem Vergleichsabschluss konnten Amnesty International, urgewald und GegenStrömung das Verfahren zielführend und kostengünstig beenden. Die im Vergleich zugestanden Ausnahmen wären der Bundesrepublik Deutschland wohl auch bei einer gerichtlichen Entscheidung eingeräumt worden und waren dem Wirtschaftsministerium als Kompromiss schon vor der Klageerhebung angeboten worden. Obwohl damit einzelne Teile der Prüfberichte geschwärzt blieben, konnte anhand der offengelegten Informationen nachvollzogen werden, dass bei der Prüfung der Umwelt- und Sozialaspekte in der Außenwirtschaftsförderung zahlreiche Lücken bestanden.
Die Klage hatte damit auch ohne gerichtliche Entscheidung Erfolg. Der Vergleich, der dem Klageantrag fast vollumfänglich folgt, hat damit auch eine Signalwirkung an die Bundesrepublik und die im Vorverfahren beteiligten Behörden. Diese müssen erkennen, dass eine Zurückhaltung von Informationen unter pauschaler Begründung rechtswidrig ist.